München:Buchhandlung verschwindet aus der Innenstadt - nach 140 Jahren

München: Traditionsbuchhandlung L. Werner schließt. Außenansicht Residenzstraße 18.

Ihren Laden in der Altstadt schließt die Kunstbuchhandlung L. Werner Ende des Monats, um dann mit Personal und Sortiment in der Architekturbuchhandlung in der Maxvorstadt unterzukommen.

(Foto: Stefanie Preuin)
  • Die Kunstbuchhandlung L. Werner schließt aufgrund von wirtschaftlichen Überlegungen und des hohen Kostendrucks Ende des Monats den Laden in der Residenzstraße 18.
  • Personal und Sortiment der Kunstbuchhandlung ziehen zur Architekturbuchhandlung in die Maxvorstadt.

Von Alfred Dürr

Nicht jeder, der über die Theatinerstraße oder die Residenzstraße flaniert, entdeckt den Laden sofort. Er liegt etwas abseits an einer Passage zwischen den beiden Einkaufsmeilen und am Eingang zur Tiefgarage unter dem Max-Joseph-Platz. Die Kunstbuchhandlung L. Werner richtete sich in erster Linie an Stammkunden und ein fachlich interessiertes Publikum, das schön aufgemachte Bücher über schöne Dinge wie Fotografie, Grafikdesign, Mode, Kunstgewerbe, Archäologie oder Kochen suchte. Man muss das in der Vergangenheitsform schreiben: Das 1878 gegründete Traditionsgeschäft schließt Ende des Monats für immer die Türen an der Residenzstraße 18.

Im 140. Jahr des Bestehens nimmt die Buchhandlung zwar Abschied aus der Altstadt, aber das soll keineswegs das Ende bedeuten. So steht es jedenfalls in einer Mitteilung an die Kunden. Seit der Gründung des Ladens durch Louis Werner an der Residenzstraße gab es immer wieder Veränderungen. Es wurde umgezogen und umgebaut, die Besitzer wechselten, aber das Geschäft an der Passage existierte weiter. 1992 kam die Architekturbuchhandlung an der Türkenstraße 30, gegenüber dem Museum Brandhorst, hinzu. Personal und Sortiment der Kunstbuchhandlung ziehen nun in das Geschäft in der Maxvorstadt - alles soll wieder zusammenfinden, mit erweitertem Angebot zu den Themen Architektur, Kunst und Kultur.

Das Haus Residenzstraße 18 gehört der Bayerischen Versorgungskammer, der größten öffentlich-rechtlichen Versorgungsgruppe in Deutschland. Das Unternehmen hätte den Mieter gerne behalten, heißt es dort. "Wir bedauern den Auszug", sagt Sprecherin Maike Kohlbeck. Die Buchhandlung habe in den vergangenen Jahren den Mietvertrag aber ohnehin nur immer um kurze Laufzeiten verlängert. Die Beendigung des Vertrags sei deren Entscheidung gewesen.

Michael Rechtsteiner, der Besitzer von L. Werner, sagt, dass wirtschaftliche Überlegungen und der hohe Kostendruck die Hauptgründe für die Aufgabe der Residenzstraße gewesen seien. Der Internet-Versandhandel oder die Konkurrenz großer Filialisten machten kleinen Buchhandels-Betrieben zu schaffen. Gerade in der Innenstadt habe man es nicht leicht. "Viele Leute kommen, nehmen die Bücher in die Hand und lassen sich gerne ausführlich beraten, gekauft wird dann oft woanders", sagt Marianne Breitsameter aus der Buchhandlung an der Residenzstraße. Sie arbeitet künftig zusammen mit Marion Duft in der Buchhandlung an der Türkenstraße.

L. Werner setzt trotz der nicht leichten Bedingungen auf dem Buchmarkt auf die treue Kundschaft, die "Nischenposition" beim Angebot, die fachliche Beratung und den Service. "Wir blicken optimistisch in die Zukunft", sagt Rechtsteiner. Die digitale Welt könne nicht alles bieten und schon gar nicht das Erlebnis eines Buchladen-Besuchs ersetzen. Die Adresse Türkenstraße 30, mitten im Kunstareal mit den Museen, Universitäten, vielen anderen Institutionen und Gaststätten, sei gewiss nicht schlecht und tröste über den Abschied aus der Innenstadt hinweg. Zumal die architektonische Gestaltung des Hauses aus den 1840er-Jahren mit der Ziegelmauer-Technik und den Zierelementen aus Terrakotta an der Fassade etwas Besonderes darstellt. Im rückwärtigen Bereich befinden sich zudem die Räume der Architekturgalerie, in der Veranstaltungen und Ausstellungen stattfinden.

München: Marianne Breitsameter berät Kunden künftig in der Türkenstraße.

Marianne Breitsameter berät Kunden künftig in der Türkenstraße.

(Foto: Robert Haas)

Wer in die Räume der Buchhandlung an der Residenzstraße 18 einziehen wird, steht noch nicht fest. Eigentlich war schon ein Nachmieter gefunden und ein Konzept für ein Tagescafé oder Bistro mit Getränken und Snacks ausgearbeitet. Wo immer die Bücherkästen standen, hätte man entlang des Schaufensters zum Innenhof bei schönem Wetter Stühle und Tische aufstellen können. Doch aus diesen Vorstellungen wurde nichts. Der Betreiber habe eine für einen Gastronomiebetrieb notwendige Genehmigung nicht rechtzeitig erhalten, sagt Maike Kolbeck von der Bayerischen Versorgungskammer. Er habe dann von dem vertraglich vereinbarten Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht. Derzeit habe man noch keinen Nachmieter für die Flächen an der Residenzstraße gefunden. "Es laufen aber aktuell Besichtigungen und Gespräche", berichtet die Sprecherin.

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