LMU-Klinikum:Ein Mann für tausend Herzen

LMU-Klinikum: Bruno Reichart war in Deutschland ein Pionier der Herzverpflanzungen.

Bruno Reichart war in Deutschland ein Pionier der Herzverpflanzungen.

(Foto: imago stock&people)

Bruno Reichart wagte die erste Herz-Lungen-Transplantation Deutschlands und Europas erste Herz-Lungen-Leber-Verpflanzung. Nun wird der Pionier der Herzchirurgie 80 Jahre - und arbeitet an einem neuen Ziel.

Bei der ersten Transplantion war er immens aufgeregt. "Ich hatte so großen Respekt", er habe regelrecht gezittert, sagt Bruno Reichart. Die Operation wurde ein Erfolg. Der Patient, dem er vor mehr als 40 Jahren in München ein Herz einpflanzte, lebte damit 26 Jahre. Mehr als 1000 Herzen wurden unter Reicharts Leitung danach transplantiert. Ihm gelang 1983 die erste Herz-Lungen-Transplantation in Deutschland, 1997 übertrug er erstmals in Europa Herz, Lunge und Leber.

Am Mittwoch wird Reichart 80 Jahre - und arbeitet mit einem Team in München auf ein neues Ziel hin: die Transplantation von Schweineherzen als Ersatz für fehlende menschliche Organe. Dinge nicht einfach als gegeben hinzunehmen, sondern nach einer Lösung zu suchen, das sei stets sein Antrieb gewesen, sagt er heute. "Ich wollte nie der Erste sein, aber ich wollte schon bei den Besten sein." Erfolg sei aber immer eine Team-Sache: "Chirurgen sind Handwerker. Man braucht die Hilfe von anderen."

Das Skalpell hat Reichart vor Jahren beiseite gelegt, in der Forschung ist er weiter aktiv. Nach seiner Emeritierung 2011 kümmerte er sich weiter unter anderem um eine Verbesserung der Medikamente gegen die Abstoßungsreaktion und um Methoden, das zu transplantierende Herz frisch zu halten, etwa mittels Kühlung und Nährlösung. "Ich hab immer versucht, die Techniken zu verbessern."

Im Zentrum seiner Arbeit steht aber die Xenotransplantation, die Übertragung von Organen vom Tier zum Menschen, mit der er sich seit rund 30 Jahren beschäftigt. Als vor einem Jahr nach der weltweit ersten Schweineherz-Transplantation in den USA der Patient nach zwei Monaten starb, wertete Reichart den Eingriff dennoch als Erfolg. "Der Patient war zu krank." In München sieht er mit dem Team aus Chirurgen und Tiermedizinern die Chance auf eine erste Xenotransplantation in zwei Jahren. "Wir sind in der Endphase. Wir haben alles ausprobiert - bis auf die eigenen Schweine." Dazu seien kleine Tiere aus Neuseeland genmodifiziert worden. "Aber es fehlt noch ein wichtiger Baustein, daran wird gearbeitet." Zwar werde er nicht mehr selbst operieren. "Machen werden es andere. Dabei sein möchte ich aber schon."

Reichert, geboren am 18. Januar 1943 in Wien, studierte in München und Erlangen Medizin. 1971 wurde er Assistent bei dem Chirurgen Rudolf Zenker, der am 13. Februar 1969 das erste Herz in Deutschland verpflanzte. 27 Stunden später war der Patient tot. Gut ein Jahr zuvor hatte Christiaan Barnard im südafrikanischen Kapstadt das weltweit erste Herz verpflanzt, der Patient überlebte 18 Tage.

Durch Zufall in die Herzchirurgie

Herzchirurgie sei Anfang der Siebzigerjahre ein exotisches Fach gewesen, die Sterblichkeitsrate der Patienten hoch - nichts, was er gerne machen wollte, sagt Reichart. Eher zufällig landete er dort: Zuerst wurde er in die Herzchirurgie beordert, weil sich ein Kollege ein Bein brach. Dann nahm er ohne großes Nachdenken ein Angebot nach Memphis an, weil das am Mississippi liegt und er als Kind Fan von Tom Sawyer und Huckleberry Finn war. Später lernte er in Stanford beim Chirurgen Norman Shumway.

Die Transplantations-Chirurgie sei erst einmal sein "Privatvergnügen" gewesen, sagt Reichart, der in den Achtzigerjahren in Kapstadt Nachfolger von Barnard wurde. 1990 kehrte Reichart an das Universitätsklinikum München zurück. Dort setzte er als erster in Europa einem Mann ein vollimplantierbares Teil-Kunstherz ein, um die Wartezeit zur Transplantation zu überbrücken. Ein weiterer Höhepunkt war 1997 die erste Herz-Lungen-Leber-Verpflanzung. Die Patientin überlebte zwölf Jahre.

Seine Geburtstage hat Reichart oft im OP verbracht. Auch jetzt liegt ihm nichts an einer großen Fete. Als Ehrenbürger der Stadt München werde er aber um eine offizielle Feier nicht ganz herumkommen.

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