Tradition:Wenn die perfekte Breze weggentrifiziert wird

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Dieselbe freundliche Dame, dieselbe Bäckerei-Kette - und doch schmecken die Brezn gar nicht mehr so gut! (Foto: Getty Images)

Glücklich ist der, der einen Bäcker mit richtig guten Brezn gefunden hat. Umso schlimmer ist es, wenn sich die Qualität nach Umzug des Betriebs einfach verschlechtert.

Glosse von Karl Forster

Welch ein Genuss! Herrlich dunkelbraun die resche, laugengetränkte Haut, hier und dort aufgesprungen, wo dann der wunderbar weiße Hefeteig hervorspitzt, gesprenkelt mit groben Salzkörnern und im idealsten aller Fälle noch lauwarm, weil frisch aus dem Ofen des Bäckers. Die Breze ist - Zwetschgendatschi hin, Bauernbrot her - immer noch die Krone des Bäckerhandwerks. Und so war es der größte und dickste Wermutstropfen beim Umzug, dass man diesen Dorfbäcker, einen wahren König der Breznzubereitung, nicht mitnehmen konnte in die große Stadt, in der viele Brezn aus den Backfabriken von Großunternehmern stammen, was sich nicht nur, aber vor allem auch auf deren Qualität negativ auswirkt.

Doch siehe da, es fand sich nahe dem neuen Heim ums Eck die winzige Filiale eines solchen Großbäckers, in der es Brezn gab, die denen aus dem eben verlassenen Dorf sehr, sehr nahe kamen, ja vielleicht sogar in manchem leicht überlegen waren. Und seltsamerweise hundert Mal besser schmeckten als Brezn aus anderen Läden eben dieser Firma, die sich namenstechnisch ganz am Ende des Alphabets befindet. So wurde der Gang zu dieser kleinen Filiale und der Satz "Zwei dunkle Brezn bittschön" zur lieb gewonnen Routine. Zumindest bis vor kurzem.

Da zog die Brezn-Filiale aus dem kleinen Eckladen ins Erdgeschoss eines nahen, so modernen wie hässlichen Neubaus eine Straße weiter, mit riesiger Theke, Kaffeetischchen und großzügigen Öffnungszeiten. "Zwei dunkle Brezn bittschön!" Es war dieselbe freundliche Dame hinter dem gläsernen Ladentisch, die wie immer freundlich antwortete: "Einen Euro sechsunddreißig bittschön" - und schon beim nächsten Mal irgendwie traurig und entschuldigend dreinschaute. "Gell, die Brezn schmecken in bisserl anders als vorher." In der Tat, sie schmeckten wie die Brezn aus all den anderen Filialen dieses Namens. "Aber warum?" So die Frage, "warum nur, Ihre Brezn waren doch so wunderbar." Da sagt die Breznverkäuferin mit einem Blick zum Himmel, das sei halt eine Entscheidung "von oben" gewesen.

Da sage noch einer, "die dort oben" wüssten immer alles besser, diese Brezn-Ignoranten. Vielleicht ziehen wir doch wieder zurück ins Dorf.

© SZ vom 02.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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