SZ-Serie "Erfolgshungrig":Der lange Kampf ums eigene Bier

Lesezeit: 3 min

Benjamin Sallers Geschäftsmodell ist ziemlich ungewöhnlich. Er braut nicht nur selbst Craft Beer, sondern er verkauft es auch ausschließlich in seinem "Brew Pub". (Foto: Johannes Simon)

Benjamin Saller hat sein eigenes Brauereigasthaus in der Au gegründet, das BrewsLi: Dort wird Craft Beer gebraut und ausgeschenkt. Den Lockdown nutzte er, um die 100 Jahre alte Gastwirtschaft gründlich zu renovieren.

Von Franz Kotteder

Seinen Humor hat Benjamin Saller immerhin nicht verloren, und das ist sicher ganz entscheidend gewesen dafür, dass er seinen Laden überhaupt noch aufgemacht hat. Denn bei ihm kam es wirklich dick, die letzten beiden Jahre. Dafür läuft es jetzt inzwischen richtig gut. Seine Gasthausbrauerei in der Taubenstraße 2, früher war hier das Restaurant Österia, wird hervorragend angenommen. "BrewsLi" hat er es getauft, "mit voller Absicht zusammengeschrieben", sagt er, "damit es nicht zu offensichtlich ist". Eigentlich ist das ein ganz schön plumper Kalauer, der sich natürlich auf den chinesisch-amerikanischen Kampfkünstler Bruce Lee bezieht und auf das englische Wort für brauen, "to brew". Damit das mit dem Kung Fu noch deutlicher wird, steht auf der Website, das Bier sei "Fu*King Tasty", also ganz schön "gschmackig", ins Bayerische übersetzt.

"BrewsLi" bezieht sich aber auch darauf, dass Saller einen deutschen Vater und eine chinesische Mutter - sie stammt aus Hongkong - hat und auch einen gewissen Stolz auf seine halbasiatischen Wurzeln pflegt. Nicht umsonst besteht das Logo seiner Brauerei aus einem Biertank, vor dem ein Chinese sitzt, der den klassischen Kegelhut aus Bambus oder Reis aufhat.

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Sallers Geschäftsmodell ist ziemlich ungewöhnlich. Er braut nicht nur selbst Craft Beer, sondern er verkauft es auch ausschließlich in seinem "Brew Pub", was man mit "Brauereigasthaus" ins Deutsche übersetzen kann. Normalerweise brauen Craft-Beer-Brauer ihr Bier selbst und verkaufen es dann oder sie lassen es in einer Lohnbrauerei nach ihren Rezepturen herstellen. Dass sie es in der eigenen Kneipe produzieren, ist ungewöhnlich. Saller hat auch schon erlebt, dass ihn Gäste gefragt haben, was denn das für eine seltsame Maschine sei, mit den riesigen Tanks, gleich am Eingang. Es ist die Brauanlage.

Allein mit der hat er schon viel Spaß gehabt, meint der 35-Jährige, da hätte es die Pandemie gar nicht mehr gebraucht. Die erste Brauanlage aus Belgien war ein ganzes Jahr verspätet eingetroffen und komplett verbeult, "die sah aus wie ein Porsche mit Hagelschaden". Die zweite kam nach sieben Monaten aus Tschechien, zweite Wahl zwar, aber vollautomatisch.

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Es hatte also schon eine ganze Weile gedauert, bis er überhaupt loslegen konnte. Dabei war er ohnehin schon ein Spätberufener. Denn eigentlich hat er Industriekaufmann gelernt und dann bei Siemens gearbeitet. Vor ein paar Jahren kam er durch Zufall in eine Wirtshausbrauerei in Amberg und fand sofort toll, dass das Bier dort selbst gebraut wurde. Als Siemens dann wieder einmal Personal abbaute und seinen Bereich dichtmachte, nahm er die Abfindung und begann in Weihenstephan Brauwesen zu studieren. Mit dem Braumeister schloss er ab und machte sich auf die Suche nach einem eigenen Wirtshaus. In der Au wurde er bald fündig, alles schien perfekt zu sein.

Das hauseigene Craft Beer im BrewsLi. (Foto: Johannes Simon)

Im Oktober 2020 war er eigentlich schon mit allem fertig gewesen, sagt Benjamin Saller, im November wollte er dann aufsperren. Aber dann war natürlich erst mal nix, weil Lockdown war. Und der zog sich. Also musste er zusehen, wie er über die Runden kam. Zu seinem Glück spielte die Bank mit, und die Vermieterin auch. Somit blieb noch Zeit für Verschönerungsarbeiten. Seither hat Benjamin Saller vor allem die schöne Holzvertäfelung des 100 Jahre alten Wirtshauses intensiv kennengelernt. "Die habe ich sehr gründlich abgeschliffen, ich hatte ja Zeit", sagt er.

Aus den elf Zapfhähnen sprudeln die verschiedenen selbst gebrauten Biersorten

"An den diversen Malernasen konnte man ablesen, wie viele Farbschichten da schon drauf waren." Malernasen, so nennt man die übersehenen Farbtropfen, die auf einer bemalten Fläche herunterrinnen und fest werden: "Die meisten meiner Vorgänger haben halt einfach drüber weggestrichen."

Es war überhaupt viel Arbeit. Bis die Brauanlage im Schankraum war, bis unten aus der alten Kegelbahn ein Lager- und ein Kesselraum wurden. Und bis aus den elf Zapfhähnen hinter dem Tresen an der Wand endlich die verschiedenen selbst gebrauten BrewsLi-Sorten sprudelten. Momentan sind es ein Helles, zwei Indian Pale Ale, ein kräftiges, obergäriges Weizen Ale aus eigener Produktion, zwei weitere Spezialbiere der Kollegen von der Munich Brew Mafia und ein helles Lager von Gypsy Bräu. Abwechslung muss sein, deshalb wechseln die Sorten häufig. Die Speisekarte ist noch überschaubar, es gibt Brot mit Hummus oder Obatzdm. Geöffnet ist dienstags bis samstags von 17 Uhr an, unter der Woche bis 23 oder 24 Uhr, freitags und samstags bis eins.

Nun scheint also endlich alles zu passen. Bis hin zur Adresse. "Ich glaube jetzt fast an Schicksal", sagt er und lacht. Sein zweiter Vorname sei chinesisch, und seine Mutter habe ihm immer gesagt, er bedeute "Adler", weil er ja in Deutschland geboren sei. Chinesische Kommilitonen seiner Freundin hätten aber gekichert, als sie ihnen das einmal erzählte, und hätten danach nur gemeint, in Wirklichkeit heiße das "Täubchen". Woran man erkennt: Mütter sind eben überall gleich. "Und jetzt bin ich in der Taubenstraße gelandet", sagt Saller, "passt scho!"

© SZ vom 15.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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