Süddeutsche Zeitung

Bogenhausen:Urbanes Leben

Wertstoffcontainer und Autos bestimmen normalerweise das Bild auf der Grüninsel an Walpurgis- und Stuntzstraße. Anwohner setzen sich für eine Aufwertung ein. Wie sie aussehen soll, darüber gehen die Meinungen aber auseinander

Von Patrik Stäbler, Bogenhausen

Am Walpurgisplatz, der ja eigentlich gar nicht so heißt, haben sich zur Mittagsstunde gut zwei Dutzend Menschen eingefunden - dem Regenwetter zum Trotz. Einige Kinder sausen umher, andere fläzen in Sonnenstühlen auf der begrünten Insel an der Ecke von Walpurgis- und Stuntzstraße, wo sich dereinst eine Buswendeschleife befand. Zwischen hohen Bäumen hängen dort Girlanden, es gibt Blumen in Autoreifen, einen Barfußpfad und eine Bühne, auf der später noch Livemusik gespielt wird. Kurzum, es herrscht urbanes Leben hier in dieser Ecke der Parkstadt Bogenhausen - anders als sonst.

"Wir wollen heute diesen Ort zu einem Platz machen", sagt Hannah Patalong. Sie und einige Mitstreiterinnen haben die Initiative Walpurgisplatz gegründet, die sich für eine Aufwertung der sogenannten Stuntzinsel einsetzt. Nach dem Vorbild einer Veranstaltung in Obergiesing haben sie und der Verein Green City zur Aktion "Platz nehmen in Bogenhausen" geladen. Den ganzen Tag über ist auf der sonst ungenutzten Fläche etwas geboten - von Yoga bis Schach, von Musik bis Kinderschminken. "Es geht uns darum, das Potenzial des Platzes neu zu entdecken", sagt Hannah Patalong. "Außerdem wollen wir mit Anwohnerinnen und Anwohnern ins Gespräch kommen." Vor allem darüber, wie der Walpurgisplatz künftig aussehen und genutzt werden sollte. Ideen und Wünsche können auf Platzkarten eingezeichnet werden - wobei sich schnell zeigt, dass die Ansichten auseinandergehen.

Michael Obermüller, der direkt am Platz wohnt, könnte sich vorstellen, das Stückchen Straße vor der Bäckerei in eine Grünfläche umzuwandeln, dadurch die Stuntzinsel zu vergrößern und dort mehr Aufenthaltsqualität zu schaffen. Sein Vater Hans-Peter Obermüller - er lebt hier seit mehr als 60 Jahren - fürchtet dagegen allzu viel Belebung. "Einige Bänke könnten nicht schaden. Aber wenn man da eine Tischtennisplatte aufstellt, dann kommen Jugendliche mit Bierflaschen und grölen nachts. Für die Anwohner wäre das nicht so angenehm." Dem 77-Jährigen geht es vor allem um die Wertstoffcontainer, vor denen Autos wild parken. Diese Sammelstelle müsse verschwinden, fordert er ebenso wie Wilhelm Kling, der seit 45 Jahren an der Walpurgisstraße lebt. Er betont: "Die Tonnen sollten zurück an ihren alten Standort an der Stuntzschule verlegt werden."

Genau das hat der Bezirksausschuss Bogenhausen mehrfach vergeblich beantragt, zuletzt Ende 2020 - damals verbunden mit dem Wunsch nach einem Aufhübschen des Platzes. Das Baureferat antwortete damals, dass die Auswahl der Container-Standorte den Entsorgern obliege. Und aus Sicht der Stadt sei der Standplatz an der Stuntzinsel unverzichtbar - nicht zuletzt wegen wiederkehrender Beschwerden über überfüllte Container. Für eine Aufwertung des Platzes sieht die Behörde durchaus "Potenziale" - aber keine Dringlichkeit. Wegen der angespannten Haushaltslage, so das Baureferat, "kann das Projekt derzeit nicht weiter verfolgt werden".

Damit geben sich die Unterstützerinnen der Initiative Walpurgisplatz aber nicht zufrieden. Sie wollen sich weiter dafür einsetzen, die Stuntzinsel grüner und lebenswerter zu machen. "Und vielleicht", so formuliert es Hannah Patalong mit den Worten von Stadtbaurätin Elisabeth Merk, "schaffen wir es, dass dort irgendwann ein Wohnzimmer für alle entsteht".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5356144
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 20.07.2021/van
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.