Böllerverbot:Das sind die Regeln fürs Silvesterfeuerwerk

Zwischen Marienplatz und Stachus ist das Böllern auch diesmal verboten, und zwar in der Silvesternacht zwischen 21 Uhr und zwei Uhr.

Zwischen Marienplatz und Stachus ist das Böllern auch diesmal verboten, und zwar in der Silvesternacht zwischen 21 Uhr und zwei Uhr.

(Foto: imago images/Overstreet)

Die Stadt will die Knall-Exzesse an Silvester eindämmen und hat daher umfangreiche Regeln für Feuerwerke erlassen. Doch die Details sind allenfalls nüchtern zu verstehen.

Von Julian Hans

Wenn er erklären soll, was ein "Böller" ist, zögert selbst Florian Schulz erst einmal. Dabei muss er sich eigentlich auskennen: Schulz betreibt seit zehn Jahren ein Fachgeschäft für Feuerwerk im Münchner Stadtteil Perlach und darf sich staatlich geprüfter Pyrotechniker nennen. Der 39-Jährige hat einen Erlaubnisschein für Großfeuerwerke und für Bühnenpyrotechnik, er kann Chrysanthemen und Palmen in den Himmel wachsen lassen, Kometen durch die Nacht schicken und Goldregen über den Zuschauern ausgießen. Aber Böller? Das ist kein trennscharfer Begriff unter den Fachleuten.

Und auch nicht im Gesetz. Deshalb dürften es auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kommunalen Außendienstes und die Polizisten nicht leicht haben, das Böllerverbot durchzusetzen, das die Stadt in der Umweltzone für die Silvesternacht verhängt hat. Die Allgemeinverfügung, die das Kreisverwaltungsreferat dazu Ende November erlassen hat, verbietet innerhalb des Mittleren Rings "das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2 mit ausschließlicher Knallwirkung." Wenn es also irgendwo kracht, dann müssten die Ordnungshüter prüfen, ob dem Rums vielleicht ein Leuchten vorausging oder ein Funkeln folgte. Und was ist mit einem lauten Pfeifen gefolgt von einem Knall? Von "ausschließlicher Knallwirkung" kann da ja keine Rede sein.

Unter die Kategorie F2 fällt gemäß EU-Richtlinie Silvesterfeuerwerk, das nur an den letzten drei Tagen des Jahres und ausschließlich an Personen über 18 Jahren verkauft werden darf. Die Kategorie F1 bezeichnete dagegen "Jugend- und Tischfeuerwerk", also zum Beispiel Knallerbsen (ausschließliche Knallwirkung, aber in der Umweltzone trotzdem erlaubt!), kleine Brummkreisel, bestimmte Wunderkerzen aber auch Tortenfontänen, die Geburtstage und Hochzeiten zum Funkeln bringen. Sie dürfen das ganze Jahr über an Personen ab 12 Jahren verkauft werden. Für die Kategorien F3 (Mittel- oder Gartenfeuerwerk) und F4 (Großfeuerwerk) braucht man dann schon einen Erlaubnisschein.

Das Böllerverbot sieht der Münchner Feuerwerksfachmann Schulz erwartungsgemäß skeptisch. Worum geht es denn? Um die Lärmbelästigung? "Es gibt heute Feuerwerksbatterien, die sind deutlich lauter als die klassischen China-Böller", sagt Schulz. Nur schicken sie eben zwischendurch noch den einen oder anderen Feuerschweif in die Nacht. Und die Feinstaubbelastung dürfte dabei auch nicht geringer sein als durch einen klassischen Knallfrosch (nicht unter Naturschutz). Wenn es aber um die Sicherheit gehe, seien Silvesterraketen eigentlich gefährlicher als Knallkörper, da sie ja aus dem Himmel wieder zur Erde stürzen und dabei mitunter auch auf den Zuschauern landeten.

Mit der Gefahrenabwehr begründet denn auch die Stadt das absolute Feuerwerksverbot zum Jahreswechsel in der Fußgängerzone. Die Zahl der Besucher auf dem Marienplatz hatte in den vergangenen Jahren stetig zugenommen - von 2000 auf 6000 und schließlich auf 8000 im vergangenen Jahr. Feuerwerkskörper wurden fahrlässig oder absichtlich in die Menge geschossen.

Zum Jahreswechsel 2017/2018 stellte die Polizei 16 Strafanzeigen wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz. In Bayern kann das ordnungswidrige Auslösen einer Silvesterrakete mit bis zu 10 000 Euro Bußgeld geahndet werden. Für das "Verwenden, Betreiben oder Herstellen" von nicht zertifizierten Feuerwerkskörpern drohen bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafen bis zu 50 000 Euro. Wurden Leib und Seele oder Sachen von bedeutsamem Wert gefährdet, kann die Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren betragen.

Dass es zum Jahreswechsel 2018/2019 weniger Strafanzeigen in der Innenstadt gab, nämlich nur 13, sei kein Anzeichen dafür, dass die Feiernden vernünftiger geworden wären oder die Stadt sicherer, betont die Polizei. Im Gegenteil: Wegen der Knallerei, der Menschenmassen und dem vielen Qualm sei die Lage so unübersichtlich geworden, dass die Beamten die Übeltäter nur mit Mühe oder gar nicht ausfindig machen und Straftaten daher auch nicht ahnden konnten. Deshalb in diesem Jahr das Verbot. In der 16 Seiten umfassenden Allgemeinverfügung vom 26. November führt das KVR zahlreiche Fälle auf, die noch viel schlimmer hätten ausgehen können als mit den Hörstürzen, geplatzten Trommelfellen und Verbrennungen, die in jeder Silvesternacht in Münchner Kliniken behandelt werden.

Deshalb findet sogar Florian Schulz das totale Feuerwerksverbot in der Altstadt einen richtigen Schritt: "Da ist zu viel los, als dass man da auch noch Raketen zünden und dabei den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand einhalten könnte", sagt der Feuerwerks-Profi.

Böllerverbot: Der Pyrotechniker Florian Schulz sieht ein generelles Verbot skeptisch.

Der Pyrotechniker Florian Schulz sieht ein generelles Verbot skeptisch.

(Foto: Claus Schunk)

Eine Woche vor Weihnachten hatte der Stadtrat auf Bitten der Marktbetreiber das absolute Feuerwerksverbot auch auf den Viktualienmarkt ausgedehnt. Dieses Verbot wird allerdings gemäß der Markthallen-Satzung mit dem Brandschutz begründet. Grundlage des Böllerverbots innerhalb des Mittleren Rings wiederum sind Lärm, Luftverschmutzung und Müll in der Umweltzone. Für ein generelles Feuerwerksverbot in der ganzen Stadt gibt es indes keine Rechtsgrundlage.

Noch komplizierter wird die Zonen-Regelung dadurch, dass die Verbote unterschiedlich lang gelten: Knallen ist am 31. Dezember und am 1. Januar innerhalb des Rings jeweils den ganzen Tag verboten, also 48 Stunden lang. Das Feuerwerksverbot in der Fußgängerzone gilt derweil nur in der Silvesternacht zwischen 21.00 Uhr und 2.00 Uhr morgens. In dieser Zeit dürfen auch keine Feuerwerkskörper mitgeführt werden.

Die Polizei hat ihre Einsatzplanung nach eigenen Angaben noch nicht abgeschlossen, wird dem Vernehmen nach aber mindestens einhundert Beamte zusätzlich zu den 1000 Polizisten mobilisieren, die bisher zum Jahreswechsel in München Dienst taten.

Silvesternacht am Marienplatz

Bis zu 800 Menschen drängen sich an Silvester am Marienplatz - ein Sicherheitsrisiko, wenn dort auch noch Feuerwerk gezündet wird.

(Foto: Florian Peljak)

Auch Peter Ruppert findet das Feuerwerksverbot in der Fußgängerzone vernünftig. Aus dem einfachen Grund, dass es dort zu eng ist. "Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand von acht Metern ist schon knapp" sagt der Inhaber des Fachgeschäfts "Himmelsschreiber" in Unterhaching. Trotzdem stört ihn, dass etwas verboten wird, nur weil sich einige nicht an die Regeln halten: Es sei doch ohnehin schon verboten, dass man sich gegenseitig abschießt. "Und wenn einer einem anderen eine Sektflasche über den Kopf haut, wird Sekt ja auch nicht verboten".

Mehr als 40 Jahre ist Ruppert inzwischen im Pyrotechnik-Geschäft. Die Nachfrage sei in diesem Jahr genauso hoch wie früher, sagt er. Viele Kunden suchten etwas schönes, was nicht so laut ist: "Reine Knallkörper sind schon seit Jahren out".

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