An heißen Sommertagen scheint die Luft über einer asphaltierten Straße zu glühen. Die Temperaturen können dort im Vergleich zu Grünflächen um zehn bis 20 Grad steigen. Kommt es aber zu einem heftigen Sommergewitter, kann der Regen durch die versiegelten Flächen in der Stadt höchstens in die Kanalisation abfließen. Für die Natur in der Stadt ist das Regenwasser verloren, auch als kühlendes Element in feuchten Wiesen. München ist die am stärksten versiegelte Stadt Deutschlands. Das soll sich endlich ändern.
Nach Angaben des Referats für Klima- und Umweltschutz sind 44 Prozent des Stadtgebiets mit Straßen oder Gebäuden verbaut. Zum Vergleich: Studien zufolge ist Potsdam zu 13 Prozent zugepflastert, Städte wie Freiburg, Heidelberg und Erfurt liegen unter 20 Prozent Versiegelung.
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Münchens Klimaschutzreferentin Christine Kugler fordert nun die Politik auf, die Stadt stärker zu begrünen und Straßen und Gebäude zurückzubauen oder so umzugestalten, dass sich München nicht noch viel stärker aufheizt und wertvolles Regenwasser verloren geht. "Machen statt messen", forderte Kugler am Dienstag in der Sitzung des Umweltausschusses. Denn bislang haben die Referate tatsächlich vor allem den Grad der Versiegelung in der Stadt beschrieben. Und der ist alarmierend: Allein durch den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen hat die Versiegelung enorm zugenommen. Die Verkehrsflächen wuchsen zwischen 1994 und 2015 um 20 Prozent, was einer Fläche von 717 Hektar entspricht. Zum Vergleich: München hat eine Gesamtfläche von etwa 31 000 Hektar.
Klimaschutzreferentin Kugler sieht natürlich das Dilemma zwischen dem Wohnungsmangel in München und der fortschreitenden Verdichtung der Stadt, die sich dadurch immer weiter aufheizt und weniger natürlichen Lebensraum bietet. Die Veränderungen betreffen dabei nicht nur große Neubausiedlungen wie Freiham, wo der Grad der Versiegelung des Gebiets zwischen 1994 und 2019 von zehn auf 25 Prozent gestiegen ist. In der Messestadt Riem sind mittlerweile sogar 47 Prozent der Fläche mit Straßen, Tiefgaragen oder Häusern verbaut. Auch die Münchner Gartenstädte verändern sich stark. Bei einer Untersuchung eines Gebiets rund um die Possenhofener Straße östlich der Garmischer Autobahn im Münchner Süden zwischen 2006 und 2019 wurden dort einige alte Häuser abgerissen und "in weit stärkerem Umfang neue größere Gebäude gebaut", heißt es im Beschlusspapier des Klimaschutzreferats. In vielen Fällen gebe es dort nun auch Tiefgaragen, die fast die gleiche Grundfläche wie die dazugehörigen Gebäude hätten.
Umwelt in München:Was die Stadt für mehr Grün tut
Die Versiegelung schreitet voran, doch das Bewusstsein für Arten- und Naturschutz wächst, auch in der Verwaltung. Spielplätze, Biotope, neue Parks - und was die Referate sonst noch planen.
Das hat natürlich Folgen auch für die Ökologie: Auf Tiefgaragen können häufig keine größeren Bäume stehen, zudem verhindern die unterirdischen Bauwerke, dass das Wasser natürlich abfließen kann. Zudem werden bei Neubauten oft große alte Bäume gefällt. Die dafür neu gepflanzten Bäume bräuchten etwa 50 Jahre, bis sie das gleiche Volumen erreichen wie die gefällten Bäume, sagt Kugler. Doch Großbäume sind immens wichtig für das Stadtklima. Sie produzieren Sauerstoff und binden große Mengen an Kohlendioxid, außerdem kühlen sie die Umgebung deutlich.
Bislang fehlt der Stadt noch ein richtiger Masterplan, wie die weitere Versiegelung Münchens gestoppt oder sogar rückgängig gemacht werden kann. Immerhin hat der Planungsausschuss vor wenigen Tagen beschlossen, das sogenannte Schwammstadt-Prinzip künftig viel stärker zu berücksichtigen. Straßen sollen wo möglich mit wasserdurchlässigen Belägen gebaut werden, die gesamte Stadt soll eine vernetzte grüne Infrastruktur mit Grünflächen und Bäumen erhalten. Doch bislang verschwinden immer noch jährlich mehrere Tausend Bäume aus dem Stadtgebiet, sie weichen meist Neubauten.