München:Blumen für die Toten

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Die Bildhauerin Cornelia Rapp sieht im Klatschmohn-Projekt "Never again" von Walter Kuhn Ähnlichkeiten zu ihrer Blütenteppich-Installation. Der Künstler weist die Plagiatsvorwürfe zurück

Von Ulrike Steinbacher

Der eine plant für November ein Kunstprojekt auf dem Königsplatz, das an das Ende des Ersten Weltkriegs erinnern und die Opfer aller Kriege in den Fokus rücken soll. Die andere hat im September 2005 eine Installation konzipiert, um 60 Jahre nach Ende des nationalsozialistischen Terrors der 30 000 Opfer in den KZ-Außenlagern Kaufering und Landsberg zu gedenken. Der eine will hüfthohe Drahtstängel in die vier Rasenflächen zwischen Glyptothek und Antikensammlungen bohren lassen, an denen 3000 übergroße künstliche Mohnblumenblüten im Wind schaukeln sollen. Die andere hat vor 13 Jahren die Köpfe von 30 000 echten Rosen dicht an dicht in einer der Hallen der KZ-Gedenkstätte Kaufering ausgelegt - einen vier Meter breiten und 30 Meter langen Blütenteppich, eine Blume für jedes Opfer.

"Ich denke, eine Auseinandersetzung wäre wichtig", schreibt die Bildhauerin Cornelia Rapp an Walter Kuhn. Ihr Rosenteppich war 2005 in der KZ-Gedenkstätte Kaufering ausgelegt. (Foto: Wameser/oh)

Bildhauerin Cornelia Rapp aus Denklingen bei Landsberg sieht unzulässige Parallelen zwischen diesen beiden Kunstprojekten. Sie wirft dem Münchner Aktionskünstler Walter Kuhn vor, dass seine geplante Mohnblumen-Installation "Never again" von ihrem Rosen-Projekt "Transmitting Light" abgekupfert ist. "Die Farbe Rot, das Medium der Blumen, Symbolhaftigkeit und die künstlerische Intention des ,Blütenteppichs' empfinde ich als Plagiat", zählt sie in einer E-Mail an Kuhn auf. "Das hat mich, ehrlich gesagt, wirklich irritiert", sagt die 60-jährige Künstlerin auf Nachfrage am Telefon. Welche weiteren Schritte sie unternehmen will, lässt Cornelia Rapp vorerst offen. Sie warte jetzt auf eine Antwort von Walter Kuhn. "Ich denke, eine Auseinandersetzung wäre wichtig."

Walter Kuhns Mohnblumen-Installation, das Foto stammt von einer Probe im März, wird auf dem Königsplatz zu sehen sein. (Foto: Catherina Hess)

Inzwischen hat der 72-jährige Münchner auf ihren Plagiatsvorwurf reagiert. Zunächst hatte ihn die E-Mail der Bildhauerin nämlich gar nicht erreicht - sie hatte ihr Schreiben an die falsche Adresse geschickt. Walter Kuhn weist Cornelia Rapps Anschuldigung zurück: "In meinem Projekt ein Plagiat zu Ihrer Installation zu sehen, scheint mir allerdings weit hergeholt", schreibt er in seiner Antwort. Seine Mohnblumen-Aktion beziehe sich zum einen auf das Ende des Ersten Weltkriegs 1918, das sich am 11. November zum 100. Mal jährt. Zum anderen wolle er das Gedenken auf die Opfer aller Kriege ausdehnen und damit eine Mahnung zum Frieden verbinden. Den Königsplatz, den die Nationalsozialisten als Aufmarschfläche missbrauchten, habe er "ganz bewusst" als Schauplatz ausgewählt. Mit den Mohnblumen habe er sich an Ländern wie England orientiert, wo Mohn als Gedenkblume für Kriegsopfer gilt und der 11. November auch als "Poppy Day" - "Mohnblumen-Tag"- bekannt ist. Diese Symbolik habe er "allerdings bei einem Besuch des Museums in Ypern/Westflandern bereits vor vielleicht zehn Jahren kennengelernt".

Auf Nachfrage erklärt Walter Kuhn, er habe von Rapps Arbeit "erst vor einigen Monaten zufällig erfahren, als eine Freundin aus der Landsberger Gegend ihm die zugehörige Broschüre gezeigt habe. Die habe ihn "sehr beeindruckt". Sein Projekt aber sei schon zuvor in seinem eigenen Kopf entstanden. Wenn überhaupt, sehe er nur zufällige Ähnlichkeiten mit Rapps Installation. Am Ende seines Antwortschreibens heißt es: "Aber bitte lassen Sie uns hier keinen Wettstreit austragen, mit welcher Kunstaktion den Schrecklichkeiten unserer Vergangenheit besser gedacht wird. Das ist der Sache nicht angemessen." Die Eröffnungsfeier für die Kunstaktion "Never Again" beginnt am Sonntag, 11. November, 11 Uhr, auf dem Königsplatz, dort wird die Installation dann durchgehend bis Sonntag, 2. Dezember, zu sehen sein. Wer beim Aufbau als Helfer mitmachen will, kann sich im Internet unter www.niemalswieder.com melden.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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