München:Blick in die Zukunft

Future City

So könnte es sein: Julian Schott (2. v. rechts) erläutert das Projekt seines Teams, Anne Hogeback, Martina Pelz und Sascha Zinn (von links) hören zu.

(Foto: privat)

Nachhaltig, innovativ, umweltverträglich, sozial gerecht und mit flexiblen Arbeitsplätzen ausgestattet: Studenten der Hochschule München entwickeln eine Vision davon, wie sich der Münchner Norden entwickeln könnte

Von Renate Winkler-Schlang

Ein "Kulturwohnzimmer" für alle gegenüber der Bayernkaserne, ein identitätsstiftender Walk of Fame mit den Berühmtheiten des Hasenbergls unter dem witzigen Titel "Der Nordhase", ein Turm, der Touristen anlockt. Oder ein anderer, der Nahrung produziert, ein gemeinnütziges Büroprojekt, ein Garten der Religionen, ein Life-Balance-Park oder das Haus für Generationen und Nationen. Studierende der Hochschule München haben am Beispiel des Münchner Nordens Konzepte entworfen für eine Stadtentwicklung, die nachhaltig sein soll, innovativ, umweltverträglich und sozial gerecht.

Das Spannende an dem Projekt: Es war selbst zukunftsweisend. Betriebswirte mit Architekten, Sozialarbeiter mit Designern wurden bunt und interdisziplinär zusammengewürfelt in den zwölf Arbeitsgruppen, die sich ihre konkrete Aufgabe selbst definieren durften. Das städtische Planungsreferat kam als Partner von außen dazu. "Transdisziplinär" nennen das die Projektkoordinatoren Sascha Zinn und Martina Pelz von der Hochschule. Unis aus Zürich und Wien haben bereits ihr Interesse bekundet an dieser neuen, offenen Form der Lehre.

Die Ergebnisse der zwölf Gruppen verschwinden nicht in irgendwelchen Schubladen, sondern werden publik gemacht und diskutiert - auf den Wissenschaftstagen, in einer Ausstellung im Plantreff an der Blumenstraße 31 und auch im Planungsreferat selbst. Das versichert Plantreff-Leiterin Anne Hogeback. Der junge Betriebswirtschaftler Julian Schott, dessen Gruppe das Haus der Generationen und Nationen, das Gena-Haus, entwickelt hat, freut sich über diese Resonanz. Da habe sich das Engagement, das weit hinausging über das für die zu erntenden Punkte Übliche, doch richtig gelohnt.

Den Münchner Norden habe man für das Projekt ausgesucht aufgrund seiner großen Dynamik: "Da tut sich was", sagt Hogeback. Die Teilnehmer sollten nicht abstrakt und global denken, sondern Probleme ihrer eigenen Lebenswelt bearbeiten, ergänzt Zinn. Grundlage war die vom Planungsreferat erstellte "Perspektive München". Die Zukunft sollten die Teams nicht in Form von "Katastrophenszenarien" sehen, sondern ruhig auch träumen und Visionen entwickeln. Dennoch erscheinen die Produkte, die sich allesamt für mehr Lebensqualität und mehr Miteinander in den Vierteln stark machen, für Fachfrau Hogeback realistisch. Das bedeute nicht, dass sie gleich eins zu eins umgesetzt würden: "Aber der Samen ist gelegt."

Die Studenten allerdings legten großen Wert auf Umsetzbarkeit. Sie haben akribisch das Terrain erkundet, freie Flächen ausgemacht, haben Interviews geführt und Fragebogen ausgewertet, ihr Augenmerk auf Migranten und Flüchtlinge, auf Kinder und Senioren, auf familienfreundliche, flexible Arbeitsplätze gelegt. Sie haben sich Partner gesucht wie das Einkaufszentrum Mira oder das Kulturzentrum Mohr-Villa. "Wir haben in unserem 60-seitigen Exposé natürlich nicht nur Architekturmodelle, sondern auch einen Finanzierungsplan für das Gena-Haus gemacht, erzählt Julian Schott.

Warum solle das auch nicht klappen: Studenten von überall her, Asylbewerber und Senioren, dazwischen selbständige kleine Unternehmen, flexible, mietbare Arbeitsplätze und Appartements, die zeitlich begrenzt vergeben werden, etwa an Künstler, dazu selbstverständlich ein Café und großzügige Gemeinschaftsräume fürs ganze Viertel? Die Gruppe um Julian Schott jedenfalls hat das Ding so ernst genommen, dass sie sich sogar richtige Visitenkarten gemacht hat mit dem Gena-Haus-Logo. Sollte jemand es bauen wollen: Sie sind bereit, es anzugehen.

Hochschule und Planungsreferat suchen nun auch im Münchner Norden nach einer Ausstellungsmöglichkeit für diese Konzepte - in der Hoffnung, dass Bürger oder gar Politiker sich inspirieren lassen.

"Zukunft gestalten@HM - Future City" ist derzeit zu sehen im Plantreff, Blumenstraße 31, bis 10. März; Montag, Dienstag, Donnerstag 10 bis 17, Freitag 10 bis 14 Uhr. Eintritt frei.

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