Süddeutsche Zeitung

Integration:Die Schlau-Schule ist eine "Basis für passgenaue Bildung"

  • An der Schlau-Schule werden etwa 300 Flüchtlinge im Alter zwiscehn 16 und 21 Jahren ausgebildet, sie können dort einen Abschluss machen.
  • "Schlau" steht für "Schulanaloger Unterricht für junge Flüchtlinge".
  • Die Schule hat nun ein neues Domizil im Jungen Quartier Obersendling bezogen.

Von Jürgen Wolfram

In den Gängen hängt noch der Geruch frischer Farbe, und die Lehrmittel sind noch nicht alle ausgepackt. Doch das Gefühl, angekommen zu sein, hat sich schon eingestellt: Die Schlau-Schule ist aus dem Bahnhofsviertel ins Junge Quartier Obersendling umgezogen. Was Geschäftsführer Björn Schalles hier, im ersten Stock des generalsanierten Bürogebäudes an der Schertlinstraße 4, vorfindet, nennt er einen "Quantensprung" für die Migrationspädagogik in München, eine "Basis für passgenaue Bildung". Die Eröffnung des neuen Domizils fiel entsprechend feierlich aus, mit einem Empfang sowie tags darauf mit einer Party für Mitarbeiter und Schüler.

Die Schlau-Schule mit ihrem umfassenden Integrationskonzept, hinter dem der Trägerkreis Junge Flüchtlinge e.V. steht, gilt als beispielhaft für eine profilierte Betreuung junger Menschen mit Fluchtbiografien. Sie ist mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet worden, ihr Gründer Michael Stenger nahm 2014 ferner den "Integrations-Bambi" entgegen. Mit Freiburg und Cottbus bestehen fachliche Partnerschaften.

Auf diese Erfolge ging in seiner Ansprache Bürgermeister Manuel Pretzl (CSU) ein. Er zeigte sich begeistert von der "Interaktion der Schlau-Schule mit der Stadtgesellschaft und der Wirtschaft". In einer Stadt mit "leer gefegtem Arbeitsmarkt" könne es nichts Klügeres geben als die Potenziale junger geflüchteter Menschen zu fördern. Bei einer Erfolgsquote in deren Qualifizierung von mehr als 90 Prozent ahne man, welche "Wahnsinnsleistung" die Schlau-Schule erbringe. Deshalb stehe der Stadtrat fraktionsübergreifend hinter ihr. Über dieses Statement freute sich auch Mit-Geschäftsführerin Barbara Meyn: Sozialeinrichtungen könnten nicht genügend Unterstützer haben.

Gegenwärtig bietet die Schlau-Schule mit ihrem Werkstatt-Ableger 300 jungen Flüchtlingen im Alter zwischen 16 und 21 Jahren sowie 150 Ehemaligen in Nachbetreuung beste Perspektiven für ein Leben mit Beruf und gesellschaftlicher Teilhabe, wobei "Schlau" für "Schulanaloger Unterricht für junge Flüchtlinge" steht. Allein 250 Ehrenamtliche arbeiten mit. Im Jungen Quartier Obersendling kann sich die Schule so richtig ausbreiten. Vier "Lernlandschaften" gruppieren sich um "Orte des Denkens, Sehens und Machens". Hier biete sich überdies die Chance der Vernetzung mit dem Sozialbürgerhaus, dem Café Netzwerk und demnächst auch mit zwei Berufsschulen des Bauhauptgewerbes. Gründer Michael Stenger erinnerte an die Anfänge der Schule und würdigte die Bedeutung von Integrationsklassen an den Berufsschulen - "eine kleine flüchtlingspolitische Revolution".

Auch nutzte er seinen Auftritt für eine Klarstellung: "Wir betreuen keine schwierigen Menschen, sondern junge Menschen in schwierigen Lebenssituationen." Für ihn sei es jedes Mal ein "berauschendes Gefühl", wenn er junge Flüchtlinge trifft, "die es geschafft haben". Gänzlich ohne Probleme geht's im schulanalogen Alltag jedoch nicht ab, das zeigte sich bei einem Podiumsgespräch mit Flüchtlingen, die die Schlau-Schule schon durchlaufen haben. Heiter-komisch wird es, wenn, wie Michael Stenger schilderte, junge Syrer oder Eritreer irritiert aus ihren Ausbildungsbetrieben zurückkehren, weil sie mit ihrem mühsam erlernten Deutsch nicht weit gekommen sind. "Eigentlich müsste die Ausbildung bei uns zweisprachig erfolgen, Deutsch und Bairisch", resümierte Stenger.

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SZ vom 21.10.2019/vewo
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