Irgendwann im Sommer stand er da, vor ihrem Haus in der Messestadt Ost, und stieß sie um. Einfach so. Seitdem schaut Tülin Cokdegerli jedes Mal nach rechts, nach links, bevor sie rausgeht, berichtet die 48-Jährige am Montagabend an der Münchner Freiheit. Noch viel schlimmer aber findet sie die Femizide, von denen sie aus ihrer alten Heimat Türkei hört. "Es tut mir weh, die Frauen verdienen das nicht", sagt sie und malt mit den Fingern eine Abwärtsspirale in die Luft.
Cokdegerli steht inmitten von knapp 200 Menschen, hauptsächlich Frauen, die am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen ihre Stimme erheben: für ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben. Das ist der Konsens, der auf der Demonstration zum Max-Joseph-Platz die Omas gegen rechts, Frauengruppen, die Soroptimisten und Amnesty International sowie die Marxistisch-Leninistische Partei, die Migranten-Organisation DIDF und eine kurdische Gruppe, die einer getöteten Frau gedenken, eint. Ihre Forderungen: durchgreifen gegen rechte Gewalt, die "Rape Culture" und rassistisch motivierte Gewalt gegen Frauen, Abschaffung der Leiharbeit, Reform des Prostitutionsgesetzes nach skandinavischem Vorbild, ein Umdenken teils auch bei Männern der älteren Generationen.