Politik während Corona-Krise:Demokratie in kleiner Besetzung und großen Räumen

Bezirksausschuss-Sitzung Maxvorstadt

Das Innenministerium hat entschieden: Münchner Bezirksausschuss-Sitzungen sollen mit kleiner Besetzung und in großen Räumen weiterhin stattfinden.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Das bayerische Innenministerium hat entschieden, dass wichtige Bezirksausschüsse trotz des Veranstaltungsverbots tagen dürfen.
  • Die Sitzungen müssen in kleiner Besetzung und in großen Räumen stattfinden.
  • Fünf Bezirksausschüsse tagen diese Woche in München, den Auftakt macht der BA Sendling.

Von Bertholf Neff und Jerzy Sobotta

Sicherheit geht vor, bringt aber demokratische Entscheidungen auf Stadtviertel-Ebene nicht völlig zum Erliegen. Fünf der 25 Münchner Bezirksausschüsse haben entschieden, trotz der landesweiten Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie zu tagen - in möglichst kleiner Besetzung und in möglichst großen Räumen.

Den Auftakt macht an diesem Montag, 6. April, der Bezirksausschuss (BA) Sendling, der wie gewohnt im Sitzungssaal des Sozialbürgerhauses an der Meindlstraße 14 tagen wird, jedoch in kleiner Runde. Am Tag danach kommen die Vertretungen für Sendling-Westpark (ebenfalls Meindlstraße) und Laim (in der BA-Geschäftsstelle an der Landsberger Straße 486) zusammen, am Mittwoch, 8. April, folgen Ferienausschüsse des BA Schwanthalerhöhe (Meindlstraße) sowie des BA Hadern (9 Uhr morgens im Rathaus Pasing). Bürger können teilnehmen, allerdings ist die Kapazität der Räume gering.

Möglich wurden diese außerordentlichen Sitzungen durch ein Schreiben des bayerischen Innenministeriums, wonach solche Zusammenkünfte nicht unter die Allgemeinverfügung fallen, die sämtliche Veranstaltungen verbietet. Man wolle die Handlungsfähigkeit auch der kommunalen Entscheidungsträger sicherstellen, heißt es in dem Schreiben. Hervorgehoben wird aber, dass die Sitzungen auf das Mindestmaß beschränkt werden und nur stattfinden sollten, "um unverzichtbare, unaufschiebbare Entscheidungen" zu treffen.

Um auch in kleiner Runde beschlussfähig zu sein, ist es notwendig, die Gremien als Ferienausschüsse tagen zu lassen, die grundsätzlich in kleiner Besetzung zusammenkommen. Einen solchen Ferienausschuss hat kurzfristig im Umlaufverfahren auch der BA Sendling-Westpark beschlossen, um die anstehenden, nicht aufschiebbaren Entscheidungen über die Bühne zu bringen. Der BA-Vorsitzende Günter Keller (SPD) sagte, alle Fraktionen hätten sich "sehr konstruktiv auf Beschlussempfehlungen geeinigt, um die Sitzung des Ferienausschusses sehr zügig durchführen zu können".

Der Ferienausschuss umfasst lediglich neun der insgesamt 25 BA-Mitglieder und wäre schon beschlussfähig, wenn lediglich fünf Mitglieder anwesend wären. Da man sich über die meisten Beschlüsse schon vorab verständigt hat, wird die Sitzung sehr zügig ablaufen.

Da der Sitzungssaal an der Meindlstraße groß genug ist, dass der erforderliche Abstand von 1,5 Metern zwischen den Teilnehmern gewahrt wird, dürfte das Infektionsrisiko gering sein, niedriger wahrscheinlich als beim Einkaufen. Es ist in den Stadtviertelvertretungen, in denen viele Mitglieder bereits seit Längerem in Rente und oftmals 80 Jahre oder älter sind, sehr wichtig, das Risiko zu minimieren.

Das war auch ein Grund, warum Markus Auerbach (SPD), BA-Chef in Feldmoching-Hasenbergl, sich eigentlich durch Sitzungstermine knapp vor und knapp nach den Ferien über diese kritische Phase retten wollte. In dringenden Fällen hatte er vor, selbst zu entscheiden. Beim Budget ist dies jedoch nicht möglich, sodass Auerbach jetzt doch einen Ferienausschuss ansetzen will.

Sein ursprünglicher Plan, eine nichtöffentliche Sitzung abzuhalten, zerschlug sich. Die Notwendigkeit, die Öffentlichkeit solcher Sitzungen zu gewährleisten, könne nicht durch die aktuelle Infektionslage ausgehebelt werden, teilt das Innenministerium mit. Es hätte, so Auerbach, auch nicht gereicht, die Abstimmungsergebnisse sofort nach der Sitzung zu veröffentlichen. Alles, was für Diskussionen gesorgt hätte, hatte er sowieso auf später verschieben wollen.

Doch auch Auerbach setzt nun darauf, das Instrument Ferienausschuss zu nutzen, zumal im BA 24 sieben Personen in die Risikogruppe eingestuft werden müssen, zwei davon sind älter als 80 Jahre. Mittlerweile habe er bei der Geschäftsstelle veranlasst, per Umlaufbeschluss die Einrichtung eines Ferienausschusses vorzubereiten. Sobald dieser Beschluss stehe, "kann, zur Not mit drei Tagen Frist, zur Sitzung geladen werden". Dann wäre es möglich, die Sitzung am Dienstag, 21. April, abzuhalten. Ähnlich wie sein Kollege Keller aus Sendling-Westpark weist auch Auerbach darauf hin, dass die Sitzung sehr schnell zu Ende sein könnte.

Und was ist so dringend, dass es gar nicht warten kann? Im BA Feldmoching-Hasenbergl stehen Beschlüsse über Zuschüsse an, die für die Vereine im Viertel wichtig sind, zum Beispiel für den Verein der Freiwilligen Feuerwehr Feldmoching, der sein Jubiläum feiern will, oder den TSV Feldmoching. Ähnlich sieht es in Sendling-Westpark aus. Passend zur Lage, steht dort ein Zuschuss von 3300 Euro für den Kulturverein Binario 11 an, der damit Lehrgänge per Video- und Telefonkonferenz anbieten will.

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