Süddeutsche Zeitung

Flüchtlingsheim:Bettwanzen-Befall: Stadträte fordern Schließung von Unterkunft

Von Grünen, SPD und CSU kommt scharfe Kritik an den Zuständen in der Hofmannstraße. Für die untergebrachten Flüchtlingsfamilien sei das Leben dort "unzumutbar und menschenunwürdig".

Von Thomas Anlauf

Der massive Wanzenbefall in der städtischen Flüchtlingsunterkunft an der Hofmannstraße beschäftigt nun den Münchner Stadtrat. Nach einem SZ-Bericht stellte am Montag die Grünen-Fraktion einen Dringlichkeitsantrag, damit die Zustände in dem ehemaligen Bürogebäude umgehend verbessert werden. "Ein Zusammenleben mit Bettwanzen ist unzumutbar und menschenunwürdig", sagt die Fraktionsvorsitzende Katrin Habenschaden. Die Missstände in der Unterkunft seien auch ein weiterer Beleg "für die Dringlichkeit", mit der in München bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden müsse.

Denn viele der Bewohner von Flüchtlingsunterkünften hätten ein Recht auf eine eigene Wohnung, müssten aber wegen des Wohnungsmangels dort bleiben und weiter unter schwierigen und beengten Umständen leben, so die Oberbürgermeisterkandidatin der Grünen. Dominik Krause, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, bringt sogar eine mögliche Schließung der städtischen Gemeinschaftsunterkunft ins Spiel. Wenn es in dem Gebäude nicht möglich sei, den Schädlingsbefall bei laufendem Betrieb zu beenden, "dann muss diese Unterkunft geschlossen werden". Die Grünen fordern das Sozialreferat auf, bis zur nächsten Vollversammlung des Stadtrats ein Konzept vorzulegen, wie die Situation für die Menschen in der Unterkunft schnell verbessert werden kann.

Auch die SPD-Fraktion forderte am Montag Aufklärung darüber, wie der Bettwanzenbefall in der Unterkunft wirksam bekämpft werden kann. Zudem fragen die Fraktionsvorsitzenden Verena Dietl und Christian Müller sowie deren Stellvertreter Anne Hübner und Christian Vorländer, welche Anstrengungen bisher unternommen worden seien, für die Bewohner alternative Plätze zu finden.

Die CSU fordert Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sogar auf, notfalls persönlich einzuschreiten und "als Chef der Verwaltung für umgehende Abhilfe zu sorgen". CSU-Stadtrat Richard Quaas greift direkt das Sozialreferat an: Ihm sei es "ein Rätsel, warum hier seitens des Sozialreferates keine schnelle Evakuierung in leer stehende Unterkünfte möglich ist". Er wolle umgehend in Erfahrung bringen, "warum hier nicht gehandelt wird. Hier muss dringend etwas passieren", so Quaas.

Wie berichtet, leben in der Unterkunft derzeit etwa 320 Menschen, überwiegend Familien. Das ehemalige Bürogebäude an der Hofmannstraße wird seit 2015 als Gemeinschaftsunterkunft genutzt und sollte eigentlich längst wieder geschlossen sein. Ein Familienvater klagt darüber, dass die Zimmer seit etwa einem Jahr mit Bettwanzen befallen sind. Die Familie müsse deshalb regelmäßig das Zimmer wechseln, damit der Kammerjäger arbeiten kann. Die Familie aus Afrika mit zwei in München geborenen Kleinkindern hat seit drei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis, findet aber keine Wohnung.

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Quelle:
SZ vom 15.10.2019
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