Von München aus in die Alpen:Bergsteigerbusse sind zu umständlich für Individualisten

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Wanderer wollen nicht im Rudel an einen x-beliebigen Hotspot gekarrt werden oder sich von Abfahrtzeiten unter Druck setzen lassen. Eine simple Idee könnte den Bergsteigerbus trotzdem zum Erfolg werden lassen.

Kommentar von Isabel Bernstein

Wer in die Berge will, für den hat das Auto fast unschlagbare Vorteile: Es bringt den Bergsteiger genau dorthin, wo er seine Tour starten kann, fährt ohne Zwischenstopp und Wartezeit zu jeder erwünschten Uhrzeit hin und wieder zurück, bewahrt Wechselklamotten, Schuhe und Getränke auf, über die sich der verschwitzte Wanderer nach seiner Tour freut, kurzum: Das Auto ist meist schneller, deutlich unkomplizierter und auch nicht viel teurer als die öffentlichen Verkehrsmittel.

Nein, das ist kein Plädoyer dafür, einfach weiterhin mit dem Auto in die Berge zu fahren und Projekte wie den Bergsteigerbus gar nicht erst anzustoßen. Im Gegenteil. Die kilometerlangen Staus Richtung Süden an sonnigen Wochenenden und die Beschwerden von Anwohnern in beliebten Ausflugsgegenden zeigen nicht erst seit dem vergangenen Corona-Sommer, dass die Autofixiertheit enorme Probleme mit sich bringt.

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Und doch: Diese Bequemlichkeitsfaktoren müssen bedacht werden, wenn der Bergsteigerbus ein Erfolg werden soll. Bergsteiger sind Individualsportler. Sie wollen nicht im Rudel an einen x-beliebigen Hotspot gekarrt werden, sich von Abfahrtzeiten unter Druck setzen lassen, und ihnen ist auch nicht damit geholfen, einfach nach Ettal gefahren zu werden; wenn sich der Ausgangspunkt ihrer Bergtour fünf Kilometer entfernt befindet, werden die meisten im Zweifel lieber weiter das Auto wählen.

Ein paar dieser Punkte - neue Ausflugsziele, kein Zwischenstopp, breites Angebot bei den Abfahrtszeiten, die Möglichkeit, Zubehör wie Kletterausrüstung oder Kinderwägen mitzunehmen - wurden bei der Planung des Bergsteigerbusses schon mitbedacht. Doch eine Idee braucht Zeit, bis sie überhaupt wahr- und dann angenommen wird.

Eine Pilotphase von acht bis zehn Wochen, nach der evaluiert werden soll, wie der Bus angenommen wird, ist viel zu kurz. Und noch etwas wäre wünschenswert: wenn Bergsteiger in der Zielregion, wo möglich, an selbstbestimmten Stellen aus- und zusteigen können. Das würde nicht nur Idealisten und Autolose für das Projekt begeistern, sondern auch die Individualisten unter den Bergsteigern.

© SZ vom 24.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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