Ruf und Realität haben nicht zwingend viel miteinander zu tun - das stimmt zum Leidwesen der SPD auch, wenn die Münchner zur Landtagswahl aufgerufen sind. Gerne wird die Landeshauptstadt als roter Stachel im Herzen des schwarz regierten Freistaats Bayern dargestellt. Doch das stimmt nur für die Kommunalpolitik: Im Münchner Rathaus regiert seit zwei Jahrzehnten völlig unangefochten Christian Ude.
Mit jeder Wahl fand der SPD-Politiker immer noch mehr Zustimmung, bis er schließlich mit unglaublichen 66,8 Prozent als OB bestätigt wurde. Seine Partei kann von solchen Zahlen zwar nur träumen - in den Stadtrat darf die SPD trotzdem deutlich mehr Leute schicken als die CSU.
Ganz anders stimmen die Münchner ab, wenn sie den Landtag wählen. Bis zuletzt haben sie sich mehrheitlich für die CSU entschieden, die bei der Wahl 2008 allerdings mit 32 Prozent nur noch drei Punkte vor der SPD lag. Grüne und FDP rangierten in München mit 13,2 beziehungsweise 12,6 Prozent etwa auf Augenhöhe, die Linke kam auf 5,2 Prozent. Wenn ganz Bayern so gewählt hätte wie München, wären die Freien Wähler indes nicht ins Maximilianeum eingezogen: Ihnen gelang in der Landeshauptstadt mit 4,2 Prozent der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde nicht.
Ein Wahlkreis, zwei Minister
Ausgesprochen spannend dürfte es bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag im Stimmkreis Schwabing werden. Nirgendwo sonst drängt sich die politische Prominenz derart: Mit Ludwig Spaenle (CSU) und Wolfgang Heubisch (FDP) treten gleich zwei Staatsminister gegeneinander an, was vor allem für Spaenle ein Problem werden könnte.
Er hat seinen Stimmkreis zuletzt nur äußerst knapp vor der SPD-Politikerin Isabell Zacharias gewonnen. Die Bildungsexpertin ging seinerzeit als Neuling ins Rennen, vor 2008 war sie nicht einmal im Landtag gewesen. Ihre Chancen dürften sich daher deutlich verbessert haben - während Spaenle fürchten muss, Stimmen an seinen Kabinettskollegen zu verlieren. Allerdings kämpft auch Zacharias nicht nur gegen einen Gegner: Mit Margarete Bause tritt auch die Spitzenkandidatin der Grünen wieder in Schwabing an.
Mit großem Interesse blicken Parteien und politische Beobachter auch nach Milbertshofen, wo Franz Maget (SPD) 2008 der CSU den einzigen Stimmkreis in ganz Bayern abgerungen hat. Maget aber hat sich in den Ruhestand verabschiedet, in Milbertshofen kandidieren lauter Neulinge: die CSU-Stadträtin Mechthilde Wittmann, Ruth Waldmann für die SPD und Grünen-Stadtchefin Katharina Schulze.
In Bogenhausen tritt erstmals CSU-Stadtrat Robert Brannekämper gegen einen Mann an, der dort seit vielen Jahren vergeblich um ein Direktmandat kämpft: Hans-Ulrich Pfaffmann, Stadtchef und Gesundheitsfachmann der SPD im Landtag. Interessant wird auch, ob es der früheren Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl gelingt, ihre persönliche Bekanntheit in Stimmen für die FDP umzuwandeln. Mit 15,8 Prozent erzielte Ludwig Hartmann (Grüne) zuletzt in Bogenhausen ebenfalls ein starkes Ergebnis.
Zu den bekanntesten Kandidaten, die in München antreten, gehören auch der SPD-Fraktionschef im Landtag, Markus Rinderspacher, der in Ramersdorf Markus Blume (CSU) das Direktmandat abnehmen will. In Giesing tritt Michael Piazolo von den Freien Wählern an, der als Initiator des Bürgerbegehrens gegen Studiengebühren in ganz Bayern bekannt wurde. Bekannt durch ein Bürgerbegehren wurde auch der Nichtraucher-Aktivist Sebastian Frankenberger (ÖDP), der sein Glück im Kneipen-Stadtteil Schwabing versucht. Ins Rennen um ein Direktmandat geht auch FDP-Stadtchef Daniel Föst: er tritt im Stimmkreis Hadern an.