Das Restaurant Beetle in BogenhausenFleisch ist mein Gemüse

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Vegetarisches und Veganes spielt im Beetle immer noch die Hauptrolle – so wie hier beim veganen Tatar mit Auberginen, roten Rüben und eingelegten Buchenpilzen.
Vegetarisches und Veganes spielt im Beetle immer noch die Hauptrolle – so wie hier beim veganen Tatar mit Auberginen, roten Rüben und eingelegten Buchenpilzen. (Foto: Stephan Rumpf)

Früher gab es im „Green Beetle“ nur Veganes und Vegetarisches, aber das Konzept floppte. Jetzt serviert der Käfer-Ableger auch Fisch und Fleisch, der Besuch lohnt aber immer noch.

Von Schalotte di Cipolla, München

Es gibt eigentlich kaum bessere Orte in München als den Käfer. Die Wursttheke! Der Weinkeller! Der phänomenale Apfel-Lauch-Salat (Lauch ist ja so eine Art Zwiebel, und für die hat Schalotte eine gewisse Schwäche)! Und selbst wenn man sich überhaupt nicht für Lebensmittel und Getränke interessierte, wäre es trotzdem ein wunderbarer Ort. Man könnte bei Sonnenschein den ganzen Tag auf einer der Bänke vor dem Geschäft sitzen und teuer angezogene Leute gucken, die Würste und Weine und Feinkost in schönen Korbtaschen auf und ab tragen.

Darum war die Aufmerksamkeit groß, als die Käfers vor knapp vier Jahren ein paar Meter hinter dem Stammhaus ein vegan-vegetarisches Restaurant eröffneten: Ein Gasthaus ganz ohne Fleisch, würden sich die Bogenhausener auf so ein vergleichsweise modernes Experiment einlassen? Nun, Bogenhausen blieb sich treu: Der „Green Beetle“ war kulinarisch top, wirtschaftlich aber ein Flop.

Seit Anfang des Jahres heißt der „Beetle“ darum nicht mehr „green“, und neben Veganem und Vegetarischem stehen jetzt auch Fleisch und Fisch auf der alpenländisch-modernen Karte, außerdem, warum auch immer, Pinsa – dazu später mehr.

Was gleich auffällt: Außer beim Hauptgang sind auf der Karte die vegetarischen und veganen Gerichte immer noch in der Überzahl, ganz hat sich der Beetle also nicht von seinen Wurzeln entfernt. Jahreszeitengerecht starten wir mit einem Frühlingssalat mit Spargel und Rhabarber (16 Euro). Der Spargel spielt hier die Nebenrolle, wartet als Creme auf dem Tellerrand. Alle Aufmerksamkeit liegt auf dem Rhabarber, was sehr angenehm ist, jetzt, wo der Spargel in jedem Lokal so überpräsent ist. Hier wird der Rhabarber sauer-süß-würzig mariniert, in Himbeer und Vanille, und wir schmecken auch Zimt – ein echter Genuss, und man will eigentlich gleich noch mehr Rhabarber essen.

Außerdem entscheiden wir uns für „Vitello Forello“ (19 Euro), das ist, falls man das sagen muss, Vitello Tonnato, aber mit Forelle, und darum deutlich milder als das Original. Das Kalb bringt ein paar Räucheraromen mit, die Test-Begleitung ist sehr einverstanden. Die Südtiroler Schlutzkrapfen mit frittiertem Salbei (18 Euro) könnte man auch als Hauptgang (29 Euro) bestellen, aber wir wollen uns ja noch weiter durch die Karte schmausen.

Der Gastraum ist gemütlich-leger – auch wenn die Preise etwas über Wirtshaus-Niveau liegen.
Der Gastraum ist gemütlich-leger – auch wenn die Preise etwas über Wirtshaus-Niveau liegen. (Foto: Stephan Rumpf)

Zum Hauptgang wählen wir Wiener Backhendl, das als Hendl auf dem Teller plus vier Schälchen für Sauce Tartare, Preiselbeeren, Kartoffel-Gurken-Salat mit steirischem Kernöl und Zitrone an den Tisch gebracht wird (29 Euro). Überrascht hat uns, dass das krosse Huhn mit Estragon mariniert war und auch auf einer Estragon-Creme ruhte – was dem Klassiker einen schönen Twist gibt, der uns absolut überzeugt hat.

Ähnlich in der Darreichungsform zeigt sich das Kalbsrahmgulasch (29 Euro), das butterzarte Fleisch diesmal in einem Mini-Schmortopf in Kürbisform. Dazu gibt es einen zarten Hefeknödel, der im Geschmack so minimalistisch ist, dass er fast asiatisch daherkommt – wieder solch eine smarte Abweichung von der deftigeren Variante, die man in Bayern erwarten würde.

Außerdem kosten wir den konfierten Bachsaibling (ebenfalls 29 Euro) mit Saiblingskaviar – dieser liegt auf einer Scheibe Kohlrabi, Gnocchi und Buttermilch. Für Veganer bietet die Karte Linguine mit wildem Brokkoli, Morcheln und geriebenem Cashew-Parmesan (22 Euro), dieses Gericht haben wir allerdings nicht gekostet.

Gut gefallen hat uns, dass tierische Produkte punktuell ganz selbstverständlich durch vegane Alternativen ersetzt werden, ohne dass das jedes Mal groß auf der Karte gekennzeichnet wäre. Etwa beim Aperitiv „Bavarian Sour“, dessen Eiweißschaum in Wahrheit Aquafaba ist, eine vegane Variante. So bewahrt sich das Restaurant ein Stück seines Vorgängerkonzepts.

Das Konzept des Beetle hat sich geändert, die Einrichtung ist gleich geblieben.
Das Konzept des Beetle hat sich geändert, die Einrichtung ist gleich geblieben. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Beetle hat bei unserem Test aber nicht nur mit seiner Speisekarte überzeugt. Bei einem unserer Besuche reichte der Hunger nur bei Schalottes Begleiter für eine Vorspeise – umso größer dann die Freude, als auch Schalotte eine Probierportion auf einem eigenen Teller serviert wurde. Eine kleine Aufmerksamkeit, mit der sich viel Sympathie gewinnen lässt.

Eine schöne Geste ist auch das „Familienangebot“, das gleich oben auf der Restaurant-Homepage beworben wird: Von 17 bis 18 Uhr essen Kinder bis zehn Jahre kostenlos. Das dürfte die Familie Käfer ihrem Ziel, den Beetle als Familienlokal zu etablieren, ein gutes Stück näherbringen.

Jetzt aber doch noch mal zurück zur Pinsa, das ist eine derzeit angesagte Variante der Pizza. Beim Beetle steht sie in drei Variationen auf der Karte, jeweils als Hauptgang (17 bis 24 Euro) oder als Aperitif (9 Euro). Die Pinsa schien uns im Konzept ein merkwürdiger Fremdkörper, und es fällt uns eigentlich nur ein Grund ein, warum sie hier angeboten wird, nämlich derselbe, aus dem es beim Beetle jetzt auch Fleisch gibt: Es ist halt das, was die angesagten Lokale gerade alle anbieten.

Nachdem diese Mini-Kritik nun aus der Welt ist, bleibt nur zu sagen, dass die Pinsa (in unserem Fall mit Spargel, Morcheln und Sauce hollandaise) ebenfalls hervorragend war.

Beetle, Schumannstraße 9, 81675 München, Telefon: 0176/14168023, Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag von 17 Uhr bis Mitternacht.

Die SZ-Kostprobe

Die Restaurant-Kritik „Kostprobe“ der Süddeutschen Zeitung hat eine lange Tradition: Seit 1975 erscheint sie wöchentlich im Lokalteil, seit einigen Jahren auch Online. Etwa ein Dutzend kulinarisch bewanderter Redakteurinnen und Redakteure aus sämtlichen Ressorts – von München, Wissen bis zur Politik – schreiben im Wechsel über die Gastronomie in der Stadt. Die Auswahl ist unendlich, die bayerische Wirtschaft kommt genauso dran wie das griechische Fischlokal, die amerikanische Fast-Food-Kette, der besondere Bratwurststand oder das mit Sternen dekorierte Gourmetlokal. Das Besondere an der SZ-Kostprobe: Die Autorinnen und Autoren schreiben unter Pseudonym, oft ist dies kulinarisch angehaucht. Sie gehen unerkannt etwa zwei- bis dreimal in das zu testende Lokal, je nachdem wie lange das von der Redaktion vorgegebene Budget reicht. Eiserne Grundregeln: hundert Tage Schonfrist, bis sich die Küche eines neuen Lokals eingearbeitet hat. Und: sich nie bei der Arbeit als Restaurantkritiker erwischen lassen – um unbefangen Speis und Trank, Service und Atmosphäre beschreiben zu können.

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