Süddeutsche Zeitung

Freimann:Fundamente einer neuen Kleinstadt

Bald laufen die Bauarbeiten auf dem Areal der ehemaligen Bayernkaserne an. Die Stadt will dabei besonderes Augenmerk auf die Architektur legen - und sucht noch einen Namen für das Quartier.

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Einen griffigen Namen hat die neue Kleinstadt, die im Nordteil der Großstadt entstehen soll, noch nicht. Weiterhin firmiert das riesige Quartier unter seiner ehemaligen militärischen Bezeichnung: Bayernkaserne. 15 000 Menschen sollen auf diesem 58 Hektar großen Entwicklungsgebiet südlich der Heidemannstraße in gut zehn Jahren leben - und es laufen derzeit die Vorbereitungen, das Großvorhaben organisatorisch auf ein angemessenes Fundament zu stellen.

Mit der Konversion von Kasernenflächen zu neuen Stadtteilen hat die Stadt schon viel Erfahrung gesammelt. Und ähnlich wie bei der Funkkaserne in Schwabing und der Prinz-Eugen-Kaserne in Bogenhausen soll auch auf dem Bayernkasernen-Areal ein Konsortium aus Grundstückseigentümern die Projektsteuerung übernehmen. Noch im laufenden Jahr wird der Zusammenschluss der Akteure für das komplexe Bauvorhaben vorbereitet, bestätigt Stadtbaurätin Elisabeth Merk. Wer die Führung übernehmen soll - womöglich wieder eine Genossenschaft wie beim Domagkpark-Projekt - sei noch nicht klar. Sicher ist hingegen, dass ein sogenanntes Beratungsgremium die Qualitätssicherung der baulichen Umsetzung übernehmen wird.

Dieses hat sich vergangene Woche konstituiert und wird darüber wachen, dass die einzelnen Bauträger den im Bebauungsplan festgesetzten Gestaltungsleitfaden einhalten - aber auch als Fachjury fungieren: Das Gesamtareal ist in 30 Baufelder für Wohn- und Geschäftsgebäude aufgeteilt, für 19 davon sollen nach derzeitigem Stand einzelne Realisierungswettbewerbe stattfinden, etwa für bis zu 80 Meter hohe Wohntürme oder Gebäude im Zentralbereich.

Über die restlichen Einzelprojekte wird das Gestaltungsgremium - bestehend aus sechs Stadträten, einem Vertreter des Bezirksausschusses sowie insgesamt sieben Architekten, Stadtplaner und Landschaftsarchitekten - befinden. Damit sollen Zeit und Kosten gespart werden, heißt es. Den Vorsitz übernimmt Stadtbaurätin Merk, die hervorhebt, dass auf die Architektur des Quartiers ohnehin besonderes Augenmerk zu legen ist. "Wir wollen Vielfalt zulassen", sagt sie. Auf dem Schirm hat das Planungsreferat dabei zum Beispiel auch Häuser in Holzbauweise, wie sie im Südteil des Prinz-Eugen-Parks entstehen.

Die Stadtverwaltung wendet auf dem Bayernkasernen-Areal erstmals eine relativ junge Kategorie im Baugesetzbuch an, die es ermöglicht, dichter und höher zu bauen. Das "Urbane Gebiet" lässt, anders als im reinen Wohngebiet, eine Mischung aus Gewerbe und Wohnen zu, also Geschäfte in den Erdgeschossbreichen, wie es in den gewachsenen Münchner Bestandsquartieren üblich ist. Eine andere erprobte Einrichtung, welche etwa die Bewohner des Domagkparks sehr zu schätzen wissen, soll der Stadtrat nach Merks Vorstellung schon 2021 auf den Weg bringen, dann also, wenn mit dem Bau der ersten von insgesamt dereinst 5500 Wohnungen losgelegt wird: ein Quartiersmanagement.

Das ist eine professionell geführte Schaltstelle für die Bürger, die sich auch um allerlei Angebote im Viertel kümmert, etwa Carsharing oder Fahrradverleih. Für diese Angebote ist ein "Mobilitätsfonds" vorgesehen, der paritätisch von den Bauträgern mit Geld versorgt wird. Eine Art Agentur soll zudem ein Auge auf die Belebung der Erdgeschossbereiche haben, bei Nutzungskonzepten unterstützen und eine zentrale Vermittlerrolle für die Gewerbebetriebe einnehmen. Unter dem Begriff "urbane Qualitäten" fasst das Planungsreferat dies in einem Dossier zusammen, wobei die Finanzierung dafür teilweise gesichert ist: Die Stadt steckt jene 1,47 Millionen Euro in Quartiersmanagement, Mobilitätslösungen und auch Öffentlichkeitsarbeit, welche sie als Fördergeld aus dem Bundeshaushalt erhält. Denn das geplante Stadtquartier ist vom Bundesbauministerium vergangenes Jahr als ein "nationales Projekt des Städtebaus" ausgezeichnet worden.

Mit dem Abschluss der Kampfmittelräumung laufen noch heuer die ersten Bauarbeiten an: Arbeiter werden die ersten Straßenschneisen erschließen, Versorgungsleitungen legen, Fahrbahnen und Wege anlegen. Parallel dazu rücken auch die Bagger bei den künftigen Schulstandorten an. Stadtbaurätin Elisabeth Merk will "die Bauzeit insgesamt kompakt halten", wie sie sagt. Soll heißen: Die Zielmarke 2030 für die Fertigstellung des Mammutprojekts ist gesetzt und soll eingehalten werden. Schon viel früher, womöglich noch dieses Jahr, soll noch ein anderer Prozess, womöglich sogar ein Wettbewerb, angeschoben werden, der behördenintern als dringend erachtet wird: einen anderen, ansprechenderen Namen als "Bayernkaserne" für das Neubaugebiet zu finden.

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SZ vom 08.02.2020/bica
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