Der Rausch kommt nach wenigen Minuten. Die Begrüßung von Georg Schneider, Präsident des Bayerischen Brauerbundes, ist noch keine fünf Minuten alt, als Moderator Roman Roell mit Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber auf der Bühne des Löwenbräukellers steht. Berauscht ist der Saal zu dem Zeitpunkt noch nicht vom Bier, um das es an diesen Abend vor allem gehen soll, sondern von der eigenen, bajuwarischen Herrlichkeit. Kaniber lobt die "wahnsinnige Macht" des bayerischen Biers, seine "gewaltige, umfangreiche Aura". Und Aiwanger aiwangert, etwa über die Rolle des Bieres in Verhandlungen, "das zaubert Lächeln in härteste Managergesichter" oder das Mekka des Getränks, das Oktoberfest: "Der Mensch sucht die körperliche Nähe, ist ein soziales Wesen und braucht den richtigen Saft dazu." Weitere Ausführungen gehen im Szeneapplaus und Gejohle unter.
Der Abend wirkt wie eine Mischung aus bayerischen Oscars, ESC und Misswahl. Bevor am Donnerstagabend im Löwenbräukeller unter sechs Finalistinnen die Bayerische Bierkönigin des Jahres gewählt wird, zeichnet die Branche zunächst noch die Innovationen mit der "Goldene BierIdee" aus, zum Beispiel das Hofbräuhaus Traunstein . Maximilian und Birgit Sailer bilden einen Gegenpol zur zünftigen Selbstbeweihräucherung des Abends, wenn sie mit Bedacht über ihre Aufgabe, "400 Jahre Brauereikultur in die Moderne zu überführen", und die Corona-Pandemie sprechen: "Wir haben einen Drive-In gemacht und unseren Kunden die Zweiliterflaschen ins Auto gehoben".
Wie wichtig das Bayerische Bier für den Freistaat ist, zeigt auch die kurze Anwesenheit von Ministerpräsident Markus Söder, der auf der Bühne genüsslich loslegt: "Bayerisches Bier ist mit Abstand das beste Bier, dass es in Deutschland und Europa gibt". Und die Bierkönigin sei "eine wichtige Botschafterin Bayerns, manchmal sympathischer als das bayerische Kabinett." Ein bisschen Angeberei, ein bisschen Selbstironie, die Redenmischung im Wahlkampf stimmt. Kurz darauf initiiert Söder stehende Ovationen für Walter Brombach, Inhaber der Erdinger Brauerei und Gewinner des Lebenswerk-Preises. Dann verlassen die Männer die Bühne, die Wahl zur Bierkönigin kann beginnen.
"Du kommst in ein Lokal und das Bier ist aus. Was machst du?"
Ein Drittel der Stimmen kommt vom Publikum, ein Drittel von einer Jury, das letzte Drittel von der vorangegangen Online-Abstimmung. Dort war Mona Sommer mit großem Abstand die Favoritin. Die 24-jährige Brauerin ist an diesem Abend bei der Vorstellungsrunde Kandidatin Nummer eins. "Du kommst in ein Lokal und das Bier ist aus. Was machst du?", fragt der Moderator. "Da würd ich das Lokal wechseln". Jubel im Saal.
Alle präsentieren sich im Dirndl, jede hat einen markigen Spruch parat. In der zweiten Runde werden dann Aufgaben verteilt. Sommer zieht die "Glaspräsentation" und muss aus einem "Hütchen" ein Glas ziehen und beschreiben. "Das ist ein Verkoschtungsglas", sagt die Schwäbin, gießt das passende Bier ein und erklärt, was sie sieht, riecht und schmeckt.
Die Wahl endet schließlich mit der feierlichen Übergabe der Insignien (Krönchen und Charivari) der amtierenden Königin an ihre Nachfolgerin. Mona Sommer, mit mehr als 40 Prozent deutliche Gewinnerin, lacht und weint gleichzeitig, als sie gekrönt wird: "Ich kann es gar nicht fassen!" Brauer-Präsident Schneider ist zufrieden, dass eine Fachkollegin gewonnen hat. Ob er sich auch einen Bierkönig vorstellen könne? "Wer weiß. Die Frauen ziehen bei uns in den Gremien ganz schön nach." Jury-Mitglied Angela Inselkammer aus der gleichnamigen Wirte-Dynastie reagiert eher schmallippig auf die Frage, wie zeitgemäß das Misswahl-Format noch sei: "Das ist ja keine Misswahl! Das ist eine richtige Aufgabe, ein Job." Ein Job, zu dem es gehört, sich wie bei einer Misswahl im Designer-Dirndl zu präsentieren.
"Wenn die Welt an Bayern denkt, denkt sie ans Oktoberfest, an Bier, an unsere hervorragende Landwirtschaft", sagt Ministerin Kaniber. Und, wenn es nach der Marketing-Abteilung des Brauerbundes geht, jetzt auch ein bisschen an Mona Sommer.