Gescheiterte Wahl zur Baureferentin:Bewusstes Risiko

Anna Hanusch und die Grünen wussten, dass Fraktionsvorsitzende die formalen gesetzlichen Kriterien als Referentin im besten Fall nur knapp erfüllen würde. Nun könnte die bisherige Regierungspraxis bei der Besetzung der einflussreichen Posten ins Wanken geraten.

Kommentar von Heiner Effern

Eine der wichtigsten und mächtigsten Frauen im Stadtrat wird beim nächsten Karriereschritt ausgebremst. Anna Hanusch, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Chefin der größten Stadtratsgruppe und Regierungsfraktion, kann am kommenden Mittwoch nicht wie gewünscht Baureferentin werden. Das ist erst mal bitter für die untadelige und seriöse Stadträtin, die als Architektin im weitesten Sinne sogar vom Fach ist. Dass die Regierung von Oberbayern die Stadt dazu verpflichtet sieht, die Stelle auszuschreiben, konnte sie nicht ahnen. Doch sie und natürlich auch ihre Fraktion mussten wissen, dass sie die formalen gesetzlichen Kriterien im besten Fall nur knapp erfüllen würde. Man ging also bewusst ein Risiko ein, um grüne Personalpolitik zu betreiben.

Damit ist die stärkste Fraktion im Rathaus vorerst gescheitert. Möglicherweise bewirbt sich Hanusch in einem Ausschreibungsverfahren und setzt sich doch noch durch, wenn sie den Willen und das Durchhaltevermögen dafür aufbringen kann. Doch die Überprüfung ihres Falls durch die Regierung von Oberbayern könnte eine Wucht entwickeln, die über ihren persönlichen Fall hinausgeht. Sollte die Aufsichtsbehörde der Stadt auf einer Ausschreibungspflicht beharren, könnte die Praxis der mehr oder weniger politischen Besetzung der wichtigsten Spitzenposten der Stadt ins Wanken geraten.

Der Job eines Referenten gilt als Mix aus Verwaltungschef und Topmanager, der mit eigenem Antragsrecht politische Akzente setzen kann. Die regierenden Parteien teilen sich traditionell das Vorschlagsrecht der alle sechs Jahre zu vergebenden Spitzenpositionen zu Beginn jeder Amtsperiode auf. Und sehr oft werden diese rein politisch oder politisch genehm besetzt. Das könnte nun deutlich eingeschränkt werden. Viel besser und schon lange überfällig aber wäre, dass die zuständige Landesregierung die gesetzlichen Zugangskriterien zu diesen Spitzenjobs der Stadt neu gestaltet. Bisher gilt überspitzt: Ein Jurist kann und darf alles, der Rest muss durch eine ziemlich komplizierte Mühle. Höchste Zeit, dass diese Regel zumindest für Großstädte aufgehoben wird. Juristen sind in vielem fit, aber auch unter Nicht-Juristen könnte es fähige Führungskräfte geben. Diese Erkenntnis gehört auch zu einer Auswahl der Besten, wie sie die Regierung von Oberbayern fordert.

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