Messe Bauma:Spielzeug für Riesen

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Liebherr zeigt auf der Bauma seinen neuesten Muldenkipper mit dem niedlichen Beinamen "Trolley". Wer an Rollkoffer denkt, liegt falsch: Der Trolley verbindet das elektrische Antriebssystem des hunderte Tonnen schweren Gefährts mit dem Stromnetz eines Tagebaus. (Foto: Stephan Rumpf)

Von ferngesteuerten Minibaggern und gigantischen Umschlagmaschinen bis hin zum simulierten Erde schaufeln: Auf der Bauma kann man sich gut die Zeit vertreiben.

Von Catherine Hoffmann

Was für ein Auto! 20 Zylinder; 2700 Kilowatt Leistung, das sind rund 3670 PS; Nutzlast gut 300 Tonnen. Reifen: größer als jeder Mensch. Nur die Höchstgeschwindigkeit ist bei diesem Riesen bescheiden: 54 Kilometer pro Stunde. Der Liebherr Muldenkipper mit dem Namen "T274" ist Besucherliebling auf der Bauma, die noch bis zum 30. Oktober läuft, und nicht nur Fachpublikum einiges zu bieten hat. Beim Rundgang begegnet man Bauma-Chefin Nicole Schmitt, die übers ganze Gesicht strahlt: Der Messestart mit Prominenz aus Politik und Wirtschaft sei gelungen, doch ihre Anspannung noch immer groß. "Ich hoffe, der Adrenalinspiegel ist niedriger, wenn der erste Tag vorbei ist", sagt Schmitt - und wünscht noch "viel Spaß!"

Die elektrischen Bagger von Komatsu werden in Düsseldorf-Benrath gefertigt und von dort in alle Welt ausgeliefert. Vorher muss man sie zerlegen. 18 Tieflader braucht es für den Transport eines solchen Modells PC4000. (Foto: Stephan Rumpf)

Draußen auf dem Freigelände lassen sich die "richtigen" Bagger bestaunen, der Komatsu "PC4000" zum Beispiel, eine 400 Tonnen schwere Maschine mit 1800 PS , die rein elektrisch betrieben wird, um im Bergbau große Mengen Erde wegzuschaffen. Die Fahrerkabine thront acht Meter über der Erde, gesteuert wird der Gigant von nur einer Person. "Der PC4000 ist unser zweitkleinstes Gerät", sagt Thomas Jordan, der für den Verkauf in Skandinavien zuständig ist. Den Operator, wie er den Fahrer nennt, werde es immer brauchen, aber: "Künftig muss er nicht mehr oben in der Kabine sitzen, mitten im Dschungel oder der Arktis." Er soll zum Beispiel in Stockholm im Büro sitzen und das Gerät aus der Ferne bedienen, über Tausende von Kilometern hinweg. Einen Prototypen gibt es bereits.

Warum nicht Baggerfahrer? Unter dem Motto "Think Big" sollen Schülerinnen und Schüler der 7. bis 12. Klasse für einen Beruf "außerhalb des Mainstream" begeistert werden. (Foto: Catherine Hoffmann)

"Wir haben hier vier Spielzeug-Bagger, die ferngesteuert werden", sagt Simon Pfister, er ist Mechatroniker bei Liebherr im dritten Lehrjahr. In seiner Ausbildung lernt er sowohl Mechanik als auch Elektrik. Auf der Messe zeigen Pfister und andere Azubis Besuchern, wie sie mit den kleinen Baggern gegeneinander antreten können. Wer in sechs Minuten die meisten Sandkörner wegschaufelt, hat gewonnen. "Die Fernsteuerung ist genauso wie bei einem echten Bagger, auch die Modelle sind detailgetreu. Aber ein echter Bagger ist natürlich feinfühliger, den kann man besser steuern", sagt Pfister, der - natürlich - schon einen Baggerführerschein fürs Betriebsgelände hat.

Tapsig in die Zukunft: Mit Virtual-Reality-Brillen sollen Kunden künftig Bagger und dergleichen testen können. (Foto: Stephan Rumpf)

Künftig wird auch die Baustelle digital. Wie sich das anfühlt, davon können sich Besucherinnen und Besucher auf der Bauma einen Eindruck verschaffen. Virtual-Reality-Brillen versetzen sie auf das Testgelände der Firma Mimetik nach Hoyerswerda, wo sie Baumaschinen von Liebherr und Wacker Neuson lenken können. "Mithilfe der digitalen Konstruktionsmodelle der Firmen können wir ihre Geräte genau abbilden", sagt Ievgenii Tsokalo, Co-Gründer von Mimetik. "Wir haben nur noch die Physik implementiert, sodass man sie bewegen kann wie echte Maschinen." Künftig sollen Kunden mit dieser Technologie Geräte Probe fahren. Das Projekt auf der Bauma sei aber eigens für die Messe München entwickelt worden, "um die Besucher zu bespaßen", sagt Tsokalo. "Gleichzeitig wollen wir aber auch zeigen, was heute möglich ist."

Sennebogen gehört mit seinen Umschlagbaggern zu den Top-zwei Firmen weltweit. Die Firma aus Straubing wird dieses Jahr 70. (Foto: Stephan Rumpf)

Wenn Schiffe mit Schüttgut wie Futtermittel, Baumaterial oder Kohle beladen werden, kommen Umschlagbagger zum Einsatz, die extrem schwere Lasten heben können. Der Sennebogen 885 ist die größte jemals auf einer Bauma gezeigte Umschlagmaschine, sie wird in Binnen- und Seehäfen eingesetzt und erreicht eine Umschlagkapazität von bis zu 1800 Tonnen in der Stunde. Die Firma aus Straubing in Niederbayern feiert dieses Jahr ihr 70-jähriges Bestehen. "Unsere Geschichte begann in den 50er-Jahren mit mechanischen Seilgeräten, heute konzentrieren wir uns voll auf den Materialumschlag - etwa auf dem Schrottplatz, in der Holzindustrie oder im Hafenbereich", sagt Robert Aumüller, Leiter der Geschäftseinheit Hafen. Es ist ein Geschäft mit kleinen Stückzahlen und großer Kundennähe.

Rundfahrt am Baggersimulator: Vormittags kamen die Schulklassen vorbei, am Nachmittag prüft Bauingenieurin Kim Köhler ihr Talent als Fahrerin. (Foto: Stephan Rumpf)

Im Foyer des ICM haben die Mitarbeiter von Komatsu einen Simulator aufgebaut, er sieht aus wie eine Spielkonsole mit original Baggersitz und Bildschirm. Hier können Schülerinnen und Jugendliche spielerisch den Beruf des Baggerfahrers ausprobieren. Die Aufgabe: Erde abgraben und in einen Kipper schaufeln. Ein Monitor zeigt einen gelben Bagger, der sich über eine Riesenbaustelle bewegt. "Jetzt die Schaufel nach vorne kippen, höher, höher", sagt Melanie Timm-Meers, Ausbildungsleiterin des Unternehmens. Kim Köhler zieht die Bremse und springt vom Simulator: "Jetzt darf meine Schwester." Kim ist Bauingenieurin. "Mich interessiert, wie sich so ein Bagger fährt", sagt sie und steuert schon auf den Schweißsimulator zu. "Den nutzen wir sonst für die Ausbildung der Schweißer und Stahlbauschlosser", sagt Timm-Meers, "damit wir am Anfang nicht so viel Material verschwenden."

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