Süddeutsche Zeitung

Immobilien:Preise rauf, Preise runter

Die geplanten Änderungen im Baugesetzbuch spalten den Stadtrat. Ist es dadurch künftig besser möglich, Mieter vor Verdrängung zu schützen, oder wird im Gegenteil alles noch viel teurer?

Von Sebastian Krass

Punkt eins: ein stadtweites Verbot, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Punkt zwei: eine Ausweitung des städtischen Vorkaufsrechts. Punkt drei: mehr Möglichkeiten, Grundstückseigentümer zum Bau von bezahlbarem Wohnraum zu zwingen. Was würden diese drei und einige weitere Regelungen, die der Referentenentwurf für ein neues Bundesgesetz vorsieht, für den Wohnungsmarkt in München bedeuten? Das war in dieser Woche eines der großen kommunalpolitischen Themen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sieht in dem Papier aus dem von Horst Seehofer (CSU) geführten Bundesbauministerium einen "ersten Schritt zu einer umfassenden sozialen Bodenrechtsreform", mit der die vor allem in München exorbitanten Steigerungen der Bodenwerte, für die ein Grundeigentümer nichts leisten muss, künftig "der Allgemeinheit zugute kommen können". So ließ Reiter am Montag verlauten.

Am Mittwoch im Planungsausschuss kam hingegen aus den Reihen der Stadtrats-Opposition teils deutliche Kritik. Das ursprüngliche Ziel des "Baulandmobilisierungsgesetzes" werde "verfehlt", urteilte Gabriele Neff (FDP) in der Aussprache über die Stellungnahme der Stadt zum Gesetzentwurf. "Mit dem Umwandlungsverbot treibt Seehofer die Kaufpreise weiter in die Höhe, eigentlich gehört er schon zur SPD." Der Referentenentwurf sieht einen neuen Paragrafen für das Baugesetzbuch vor. Demnach kann der Landesgesetzgeber für fünf Jahre Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt bestimmen, in denen die Umwandlung von Miet- zu Eigentumswohnung unter dem Genehmigungsvorbehalt der Kommune steht - die es dann untersagen kann. Heike Kainz (CSU) sieht darin einen "viel zu weit reichenden Eingriff in das Eigentumsrecht" und somit "verfassungsrechtliche Probleme". Simone Burger (SPD) hingegen erwartet von der Staatsregierung, dass sie nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes schleunigst das Umwandlungsverbot für München ermöglicht.

Wie hoch die Steigerung des Bodenwerts tatsächlich ist, dazu gibt es keine einheitlichen Berechnungen. Bernd Schreyer (Grüne) spricht von 500 Prozent in zehn Jahren. Der Maklerverband IVD legte kürzlich eine Statistik vor, der zufolge sich die Wohnbaugrundpreise für Mehrfamilienhäuser in den vergangenen 20 Jahren vervierfacht haben. Aber klar ist: Diese Steigerungen sind der entscheidende Faktor für die hohen Wohnkosten. Dem kann die Stadt mit ihren Kompetenzen kaum entgegenwirken. Sie ist auf die Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene angewiesen.

Die geplante Reform des Vorkaufsrechts ist ein weiterer wichtiger Punkt. Bisher darf die Stadt in Gebieten, in denen sie mit einer Erhaltungssatzung eingesessene Bewohnerinnen und Bewohner vor Verdrängung schützen will, bei einem privaten Immobilienverkauf dazwischengrätschen, allerdings zu enormen Kosten. 2018 und 2019 gab die Stadt für insgesamt 22 Fälle 363 Millionen Euro aus. Künftig soll das Vorkaufsrecht auch für Schrottimmobilien und brachliegende Grundstücke gelten, zudem soll die Frist für die Ausübung des Rechts von zwei auf drei Monate verlängert werden. Grüne und SPD wollen lieber sechs Monate, damit die Stadt den Deal in Ruhe prüfen kann. Zudem verlangen sie ein stadtweites Vorkaufsrecht mit Preislimitierung, "damit Kommunen nicht jeden spekulativen Preis zahlen müssen", wie Christian Müller, Fraktionschef von SPD/Volt, sagt.

Ein Ärgernis für das Planungsreferat sind Grundstücke, deren Eigentümer sich mit teils fadenscheinigen Begründungen weigern, dort Wohnraum zu schaffen. Um dagegen vorzugehen und neues Bauland zu schaffen, sieht der Gesetzentwurf eine Verschärfung des sogenannten Baugebots in Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt vor. Stadtbaurätin Elisabeth Merk bewertet das als "sehr positiv", warnt aber vor Schlupflöchern für Eigentümer.

Ein weiteres wichtiges Element des Gesetzentwurfs sind die "sektoralen Bebauungspläne". Damit könnte die Stadt künftig auch auf Flächen, für die es schon Baurecht gibt und wo Bauherren bisher komplett frei finanzierte Wohnungen errichten können, die Schaffung eines Anteils von gefördertem Wohnraum vorschreiben. "Es ist uns schon lang wichtig, als Stadtrat diese Gebiete mitgestalten zu können", sagt SPD-Stadträtin Burger, denn bis zu 60 Prozent des Wohnraums entstünden nach diesen Regeln des Paragrafen 34 im Baugesetzbuch. Heike Kainz (CSU) hingegen befürchtet, "dass dann eher weniger gebaut wird als mehr".

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SZ vom 02.07.2020/vewo
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