Prozess vor dem Landgericht:Spontane Gewaltausbrüche am Münchner Hauptbahnhof

Ein junger Erwachsener rutscht ins Drogenmilieu ab - und greift mehrere Menschen brutal an. Beim Prozess am Landgericht zeigt er sich reuig.

Von Andreas Salch

Eigentlich sei er nach Deutschland gekommen, um hier zu arbeiten, sagt Dacian D. (Name geändert) zu Richter Stephan Kirchinger. Doch stattdessen rutschte der 20-Jährige vergangenes Jahr in das Drogenmilieu im Münchner Bahnhofsviertel ab - mit fatalen Folgen nicht nur für ihn selbst, sondern auch für mehrere Menschen, die Opfer seiner spontanen Gewaltausbrüche geworden sein sollen. Fast ein Jahr nach der letzten mutmaßlichen Tat hat an diesem Mittwoch der Prozess vor der Jugendstrafkammer am Landgericht München I gegen Dacian D. begonnen. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen Körperverletzung sowie wegen Beleidigung, Exhibitionismus und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte erhoben.

Als Dacian D. in den frühen Morgenstunden des 28. Juli 2021 am Königsplatz festgenommen wurde, wog er gerade mal 50 Kilogramm bei einer Körpergröße von etwa 1,80 Meter. Ein Foto, das die Polizei von ihm machte, zeigt ihn in völlig verschmutzten Kleidern. Die Monate zuvor hatte D. auf der Straße gelebt. Da er keine Arbeit hatte, bettelte er.

Zum Auftakt des Prozesses sagt der 20-Jährige, dass er erst in München "mit Drogen angefangen" habe, und zwar mit Kokain. Die Droge habe ihn aggressiv gemacht. "Du suchst Schlägereien", fügt er hinzu.

Er könne sich nicht erinnern, er sei wohl zu betrunken gewesen

Mitte April vergangenen Jahres schlug D. am helllichten Tag am Treppenaufgang von der U-Bahn zur Schillerstraße einen anderen Mann zusammen, so die Anklage. Zuvor soll er sein Opfer bespuckt und beleidigt haben. Nur wenige Monate später soll es zu drei ähnlichen Vorfällen im Hauptbahnhof und der näheren Umgebung gekommen sein. In allen Fällen soll D. urplötzlich auf seine Opfer eingeschlagen und sie erheblich verletzt haben. "Alles, was ich gemacht habe, waren Schwierigkeiten und Probleme", sagt D. nach Verlesung der Anklage.

Am Tag vor seiner Festnahme sei er mit einem Freund im Bahnhofsviertel unterwegs gewesen, berichtet Dacian D. Bei einem Bekannten habe er ein Gramm Kokain für 100 Euro bestellt. An das Geld sei er durchs Betteln gekommen. Sein Bekannter, der nachts am Königsplatz schlief, habe versprochen, ihm das Kokain dort zu übergeben. Doch der Bekannte sei nicht aufgetaucht.

Deshalb habe er dessen Freund morgens gegen 2.30 Uhr zur Rede gestellt. Dacian D. soll die schlafende Person sofort mit Fäusten und Tritten traktiert haben. Er habe jedoch aufgehört, versichert er vor Gericht, als er bemerkt habe, dass er nicht auf den Freund des Dealers einschlug, sondern auf dessen Frau. Sie alarmierte dann auch die Polizei. Auf der Inspektion soll sich der 20-Jährige bei der Vernehmung ausgezogen und Widerstand geleistet haben, als er in eine Zelle kam. Daran, sagt Dacian D. vor Gericht, könne er sich nicht mehr erinnern. Er sei zu betrunken gewesen.

Zur SZ-Startseite

Prozess
:Von Rundfunkbeitrag genervt: Mann nach Amoklauf-Äußerung vor Gericht

Seit 20 Jahren erhält ein Münchner Zahlungsaufforderungen für den Wohnsitz seiner Eltern, dabei gibt es diesen gar nicht mehr. Nach einem entgleisten Telefonat muss er sich vor Gericht verantworten.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: