Bahnhofsmission in München:Neue Übernachtungsmöglichkeiten für Frauen in Notlagen

Die Bahnhofsmission am Münchner Hauptbahnhof hat ein neues Nachtquartier für Frauen.

Die Bahnhofsmission am Münchner Hauptbahnhof hat ein neues Nachtquartier für Frauen.

(Foto: Catherina Hess)

Das "Lavendel" füllt eine Lücke im sozialen Hilfesystem. Neben Schutz vor Gewalt bietet die Bahnhofsmission auch pädagogische Hilfe.

Von Sven Loerzer

Notlagen spitzen sich bei Frauen gerade in der Nacht oft zu, wenn ihnen in Krisensituationen ein sicherer Ort fehlt, wo sie die Nacht unbehelligt von Übergriffen überstehen können. Aus dieser Erfahrung heraus hat die rund um die Uhr geöffnete Bahnhofsmission München nicht nur gestrandeten Reisenden, sondern immer auch Frauen in akuten Notlagen einen Schlafplatz in ihren Räumen geboten.

Im vergangenen Jahr zählte die Bahnhofsmission 1212 Übernachtungen in ihrem Aufenthaltsraum. Davon gingen allein 123 auf Kinder zurück, die mit ihren Müttern Schutz suchten. Zusätzlich zu der provisorischen Übernachtungsmöglichkeit verfügt die Bahnhofsmission nun auch über ein Vierbettzimmer in einer nahegelegenen Pension. Entsprechend seiner Wandfarbe heißt das neue Angebot "Lavendel".

Wenn Frauen, die in sozialen Schwierigkeiten stecken oder deren Leben sich krisenhaft zugespitzt hat, kein Nachtquartier finden konnten, kamen sie schon bisher zwischen 21.30 und 7 Uhr in der Bahnhofsmission unter. Am Morgen gehörte dann ein Clearinggespräch mit dazu, um auf diese Weise die Frauen an geeignete Fachdienste und Einrichtungen zu vermitteln. "Frauen in Notlagen und Umbruchsituationen sowie Frauen, die seelisch oder körperlich sehr krank und instabil sind, können nicht mehr die nötigen selbständigen Schritte gehen, um ihre Situation zu verbessern", sagt Bettina Spahn, Leiterin der Katholischen Bahnhofsmission.

Das "Lavendel" biete eine sichere Übernachtung und auch einen Tagesaufenthalt, zudem ließen sich Grundbedürfnisse wie Hygiene, Kleidungswechsel und Essen erfüllen. "Erst wenn das gewährleistet wird, ist pädagogische Arbeit sinnvoll und möglich", betont Bettina Spahn.

Die Situation gemeinsam mit den Frauen zu klären und ihnen langfristige Hilfe zu vermitteln, habe die Bahnhofsmission unter den bisherigen Bedingungen nur teilweise leisten können, meinte ihre evangelische Kollegin, Barbara Thoma. Das "Lavendel" fülle eine Lücke im sozialen Hilfesystem und entlaste es. Ein zusätzliches Stundenkontingent ermögliche zudem eine intensivere Betreuung und Begleitung während der Stabilisierungs- und Klärungsphase. Das neue Angebot hat die Erzdiözese München und Freising für zwei Jahre finanziert, die Innenausstattung hat die Stiftung München bezahlt, dazu kamen noch zweckgebundene Spenden.

Auch auf weitere Maskenspenden hofft Bettina Spahn, rund 1000 Stück sind schon an Bedürftige verteilt worden. Für den Bahnhof und Bahnsteige - die Bahnhofsmission liegt an Gleis 11 - gilt die am 27. April im öffentlichen Verkehr eingeführte Maskenpflicht. Die Klienten der Bahnhofsmission könnten sich zumeist weder eine Maske kaufen, noch diese selber nähen, erklärte Spahn.

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