Landgericht:Versicherung erstattet Holger Badstuber 30 000 Euro Krankentagegeld

VfB Stuttgart - Holstein Kiel Deutschland, Stuttgart, 20.10.2019, Fussball, 2. Bundesliga, Saison 2019/2020, 10. Spielta

Auch für eine Zeit, die Holger Badstuber im Ausland verbrachte, bekommt er Krankentagegeld.

(Foto: imago images/Sportfoto Rudel)
  • Eine Klausel in seinem privaten Krankenversicherungsvertrag hat zu einer Klage von Fußballer Holger Badstuber gegen seine Versicherung geführt.
  • 30 000 Euro Krankentagegeld waren Badstuber nicht ausgezahlt worden, weil er sich 27 Tage lang im Ausland aufgehalten hatte.
  • Das Gericht hat Badstuber nun recht gegeben, die besagte Klausel allerdings nicht grundsätzlich für unzulässig erklärt.

Von Stephan Handel

Manchmal ist in einem Gerichtsverfahren ein Urteil schlechter als kein Urteil. Dieses Juristen-Wissen brachte dem Fußballspieler Holger Badstuber nun knapp 30 000 Euro von seiner Krankenversicherung ein: Sie erkannte eine Forderung von ihm an und beendete dadurch einen Prozess vor dem Landgericht München - allerdings mit dem Nachteil für andere Versicherte, dass eine fragwürdige Klausel in den Versicherungsbedingungen zunächst weiter gilt.

Holger Badstuber galt lange Jahre als eines der größten Verteidiger-Talente Deutschlands. Im Jahr 2009 erhielt er einen Vertrag beim FC Bayern München, wo er zuvor schon bei den Junioren und in der zweiten Mannschaft gespielt hatte. 2012 allerdings begann seine Leidenszeit mit einem Kreuzbandriss. Es folgten mehrere Muskelrisse und ein Bruch des Sprunggelenks - immer, wenn eine Verletzung ausgeheilt war, kam die nächste daher.

Für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit hatte Badstuber Anspruch auf Krankentagegeld, dass seine Versicherung, die Deutsche Krankenversicherung AG (DKV), auch anstandslos bezahlte - allerdings mit der Ausnahme von 27 Tagen: Da hatte er sich im Ausland aufgehalten, unter anderem für einige Tage über Silvester in der Schweiz. Die DKV berief sich auf eine Klausel im Vertrag, nachdem es einem Bezieher von Krankentagegeld nicht erlaubt ist, ins Ausland zu reisen.

Eine grundsätzliche Überprüfung der Auslandsklausel hat damit nicht stattgefunden

Das wollte sich Badstuber nicht gefallen lassen und klagte - auf die Nachzahlung der Versicherungsleistung, exakt 28 575 Euro, und auf Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 1358 Euro, insgesamt also knapp 30 000 Euro, plus Zinsen.

Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Anfang Oktober geschah Erstaunliches: Die Vorsitzende Richterin der 12. Zivilkammer erklärte, sie halte diese Auslandsklausel in den Versicherungspolicen für "nicht mehr zeitgemäß". Denn sie habe den Sinn gehabt, die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherungsnehmers gegebenenfalls überprüfen zu können, und zwar innerhalb von drei Tagen, wenn die Versicherung das verlangt. Das hätte in den 80er-Jahren, aus dieser Zeit stammt die Klausel, schwierig werden können, wenn der Patient im Ausland nicht ohne Weiteres greifbar ist.

Im Zeitalter von Smartphone und E-Mail jedoch ist das kein Problem mehr. Zudem sei ja im Fall Badstuber klar gewesen, dass er wirklich längerfristig verletzt sein würde, es gab keine Notwendigkeit, das zwischendurch zu überprüfen. Das Gericht führte ein weiteres Beispiel an: Wenn sich eine Sekretärin die Hand bricht und sechs Wochen lang Gips tragen müsse, dann sei klar, dass sie nicht arbeiten könne. Es gebe aber keinen vernünftigen Grund, warum sie in dieser Zeit nicht für ein paar Tage zum Beispiel in die Schweiz fahren dürfe.

Diese Einschätzung des Gerichts brachte die Versicherung nun offensichtlich ins Schwitzen: Wenn die Auslandsklausel offiziell in einem Urteil in Frage gestellt worden wäre, dann hätten sich eventuell auch andere Versicherungsnehmer darauf berufen können, vor allem, wenn der Instanzenweg weitergegangen wäre und am Ende ein Urteil des Oberlandesgerichts oder gar des Bundesgerichtshofs gestanden hätte, des Inhalts, dass die Auslandsklausel nicht mehr rechtens ist.

Da zog die DKV lieber die Reißleine und erklärte, dass sie die Forderung Badstubers anerkennen und bezahlen werde. Dies führt zu einem so genannten Anerkenntnisurteil, in dem es aber hauptsächlich um die Gerichtskosten geht und nichts zur Entscheidung in der Sache gesagt wird. Eine höhere Instanz wird sich auch nicht mehr mit der Angelegenheit beschäftigen, denn Badstuber hat ja bekommen, was er wollte, kann also nicht mehr in Berufung gehen, und für die Versicherung ist die Angelegenheit auch aus der Welt.

Dumm ist die Angelegenheit jedoch für andere Versicherungsnehmer - nicht nur von der DKV -, denen unter Berufung auf die Auslandsklausel Krankentagegeld verweigert wurde. Sie müssten selber gegen ihre Versicherungen klagen und können sich nicht auf den Präzedenzfall Badstuber berufen - das hat die DKV erreicht, in dem sie lieber bezahlte, als ein Urteil in der Sache zu riskieren.

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