Polizeieinsatz an der Ungererstraße:Auto fährt in Menschengruppe: Rockerkrieg vor dem Supermarkt

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Bei einer brutalen Abrechnung unter verfeindeten Banden werden drei Männer verletzt. Der Angriff ist die erste blutige Auseinandersetzung seit längerer Zeit.

Von Julian Hans

Der Rocker kam gerade aus dem Supermarkt, als die Angreifer ihn abpassten: Scheinbar aus dem Nichts und ohne Vorwarnung schlugen und stachen zwei Männer auf den 45-Jährigen aus dem Landkreis München ein. Als er blutend zu Boden ging, liefen sie davon - um kurz darauf noch einmal wieder zu kommen. Diesmal begleitete sie ein schwarzer Kleintransporter; er fuhr von der Ungererstraße über den Gehsteig und hielt direkt auf den Verletzten und seine zwei Begleiter zu, die ihm zu Hilfe geeilt waren. Einer der Männer wurde von dem Fahrzeug erfasst. Dann stiegen die Insassen aus und schlugen gemeinsam mit den ersten Angreifern erneut auf die drei Männer ein.

So stellt sich die Tat nach einer Nacht intensiver Ermittlungen und Zeugenbefragungen dar. Als die am Mittwoch gegen 16 Uhr alarmiert wurde, war zunächst nur wenig klar. Ein Transporter sei in eine Menschengruppe gefahren, hieß es, sofort machten Spekulationen über einen Terroranschlag die Runde. Seit aber klar ist, dass sowohl das 45-jährige Opfer und seine 42 und 56 Jahre alten Begleiter als auch die mutmaßlichen Angreifer aus dem Rockermilieu stammen, führt das Dezernat für Organisierte Kriminalität die Ermittlungen.

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Noch ist nicht klar, ob die Angreifer die Absicht hatten, den 45-Jährigen zu töten, oder ob sie ihm lediglich einen Denkzettel verpassen wollten. Die Verletzungen der Angegriffenen seien schwer, aber nicht lebensbedrohlich, erklärte Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins am Donnerstag. "Die Geschädigten sind vernehmungsfähig, aber noch in Behandlung", sagte er. Der 45-Jährige hat Stich- und Schnittverletzungen. Sein Begleiter, der vom Auto angefahren wurde, hat eine Kopfplatzwunde und Verletzungen im Gesicht. Der dritte aus der Gruppe ist nur oberflächlich verletzt.

Hintergrund für die Tat ist möglicherweise ein Prozess, der seit November vergangenen Jahres vor der 2. Strafkammer des Landgerichts München 1 verhandelt wird. Dem Angeklagten Khaled B. wird vorgeworfen, in der Nacht auf den 2. Mai 2015 in der Diskothek Crowns Club an der Rosenheimer Straße zwei Brüdern einer verfeindeten Gruppe ein Messer in den Bauch gerammt zu haben. Während Ärzte den beiden in Notoperationen das Leben retteten, setzte sich der Deutsch-Libanese ins Ausland ab. Im November 2018 kehrte Khaled B. nach München zurück und ließ sich am Flughafen festnehmen. Der heute 39 Jahre alte Angeklagte soll früher Mitglied der Black Jackets gewesen und dann zu den Hells Angels gewechselt sein. Mindestens eines der Opfer im Crowns Club gehörte den konkurrierenden Black Jackets an. Der 45-jährige Erdinc D. tritt nun in dem Prozess als Nebenkläger auf und hat seitdem immer wieder die Hells Angels provoziert, die zu Dutzenden bei den Verhandlungen im Zuschauerraum sitzen.

Etliche Dosen und ein umgekippter Roller liegen an der Stelle, an der am Nachmittag das Fahrzeug in eine Gruppe von Menschen gefahren ist. (Foto: dpa)

Wie die SZ aus Ermittlerkreisen erfuhr, hatten Polizei und Justiz deshalb versucht, mäßigend auf D. einzuwirken, damit sich der Konflikt nicht neu aufschaukelt. Nach der Attacke auf den 45-Jährigen am Mittwoch muss man wohl sagen: ohne Erfolg. Ein hochrangiger Hells Angels, so heißt es, soll die Parole ausgegeben haben, D. zu beseitigen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte am Mittwoch, es sei "unerträglich, dass solche Bandenkriege auf offener Straße in München ausgetragen werden".

Die Polizei hatte nach der Tat umgehend eine Großfahndung eingeleitet, die sich auf das gesamte Gebiet der Landeshauptstadt und den Landkreis München erstreckte. Insgesamt waren mehr als 80 Beamte im Einsatz, ein Hubschrauber beteiligte sich ebenfalls an der Suche. Weil davon auszugehen war, dass die Angreifer bewaffnet sind, trugen einige Einsatzkräfte Schutzkleidung und Maschinenpistolen. Gegen 20 Uhr entdeckten Fahnder den schwarzen Kleintransporter im Stadtteil Am Hart. Das Fahrzeug wurde sichergestellt und wird derzeit von den Experten der Spurensicherung untersucht.

Fünf Personen nahm die Polizei in der Nacht vorübergehend fest, vier davon wurden aber bis zum Morgen wieder entlassen, nachdem sich ein Anfangsverdacht nicht erhärtet hatte. Welchen Vereinigungen Täter und Opfer angehören, da möchte sich die Polizei vorerst nicht festlegen. Da die Mitgliedschaften und die Bezeichnungen der Gruppierungen in jüngster Zeit aber immer wieder wechselten - unter anderem weil einzelne sogenannte "Charter" oder "Chapter" verboten wurden - spreche man vorerst allgemein vom "Rockermilieu", hieß es. In ihrem Sicherheitsreport hatte die Münchner Polizei in den vergangenen Jahren einen Rückgang der Rockerkriminalität festgestellt. Seit diesem Mittwoch ist klar, dass das Problem noch nicht der Vergangenheit angehört.

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