Ausstellung:Die Komik des Augenblicks

Ausstellung: "Voll komisch" findet Florian Heine den Herrn mit Tüte, den er in der Ludwigstraße entdeckte.

"Voll komisch" findet Florian Heine den Herrn mit Tüte, den er in der Ludwigstraße entdeckte.

(Foto: Florian Heine)

München kann "voll schön" sein - aber auch ganz anders. Der Fotograf Florian Heine hat die Stadt auf der Suche nach seltenen Momenten durchstreift. Nun zeigt er seine Fotos in einer Ausstellung im Valentin-Karlstadt-Musäum.

Von Jürgen Moises

Kunst ist schön, macht aber Arbeit. Dieser Spruch stammt wohl doch nicht von Karl Valentin, taucht aber immerhin in einem Film mit dem berühmten Münchner Komiker auf. In Max Ophüls' Filmoper "Die verkaufte Braut", in der Valentin den Zirkusdirektor Brummer darstellt. Sei es wie es sei: Dass jedenfalls auch das Betrachten von Kunst durchaus Arbeit sein kann, dieser Eindruck drängt sich in der neuen Ausstellung "Voll schön" im Münchner Valentin-Karlstadt-Musäum auf. Darin präsentiert werden Fotografien von Florian Heine. Der zeigt unter anderem Menschen in den Münchner Pinakotheken oder in der Glyptothek, die mitunter recht angestrengt oder auch ein bisschen ratlos auf die Kunstwerke zu schauen scheinen. Etwa der ältere Mann, der mit verschränkten Armen vor einem fast weißen Bild von Arnulf Rainer steht. Oder die Frau, die vor einem Gemälde von François Boucher ihren rechten Arm in ihre Hüfte stemmt.

Ausstellung: In die Kategorie "Voll Kultur" hat Florian Heine die Aufnahme aus der Pinakothek der Moderne eingeordnet. "Voll schön", so der Titel der Ausstellung im Valentin-Karlstadt-Musäum, ist das Foto auch.

In die Kategorie "Voll Kultur" hat Florian Heine die Aufnahme aus der Pinakothek der Moderne eingeordnet. "Voll schön", so der Titel der Ausstellung im Valentin-Karlstadt-Musäum, ist das Foto auch.

(Foto: Florian Heine)

Aber vielleicht interpretiert man das auch nur in die Fotografien von Florian Heine hinein, die dieser allesamt in München gemacht hat. Und der damit demonstrieren will, dass die bayerische Hauptstadt nicht nur "voll schön", sondern auch "voll komisch", "voll Kultur" und "voll voll" ist oder sein kann. So heißen jedenfalls die vier Kategorien, in welche Heine seine Aufnahmen unterteilt. Wobei das im Ergebnis aber nicht so trennscharf ist. Zeigen die Museumsbilder doch nicht nur Kultur, sondern oft auch schöne Dinge. Und wenn etwa zwei Menschen direkt unter einem riesigen, pfeilartigen Kunstwerk laufen, ein Museumswärter mit seiner krummen Körperhaltung eine moderne Skulptur zu imitieren scheint oder eine Frau mit Hut vor einer vierfachen Darstellung von Joseph Beuys mit Hut steht (auf einem bekannten Siebdruck von Andy Warhol), dann spielt hier erkennbar auch die Komik mit hinein.

Bei den Museums-Impressionen zeigt sich der erfahrene Kennerblick

Tatsächlich gehören die Museums-Impressionen zu den schönsten Bildern in der Ausstellung. Und man merkt hier gleich den erfahrenen Kennerblick. Denn Florian Heine ist nicht nur Architektur-, Porträt- und Straßen-Fotograf, sondern auch studierter Kunsthistoriker. Er hat Bücher über optische Illusionen in der Kunst ("Schöner Schein") oder Hans Holbein den Jüngeren geschrieben, von denen letzteres im kommenden Mai erscheint, oder auch eine sechsteilige TV-Reihe zum Thema Kunst gemacht. Ein weiteres schönes Beispiel aus dem Bereich "voll komisch": Ein Hund, der auf ein "Fleischsalat"-Schild und dann in Richtung Kamera blickt. Gemalt könnte das auch von Rudi Hurzlmeier stammen (der Münchner Maler und Cartoonist hat zusammen mit Heine bei der Eröffnung durch die Ausstellung geführt). Und dann sind da auch noch ein paar andere Motive zum Schmunzeln.

Ausstellung: Eine Aufnahme aus dem Glockenbachviertel in der Ausstellung "Voll schön" im Valentin-Karlstadt-Musäum.

Eine Aufnahme aus dem Glockenbachviertel in der Ausstellung "Voll schön" im Valentin-Karlstadt-Musäum.

(Foto: Florian Heine)

Ein Auge für Farbe, Komposition sowie für originelle, ungewöhnliche Motive, das hat Florian Heine ebenfalls, was etwa die Aufnahme des Schaufensters vom Bellevue di Monaco beweist. Eine Komposition aus weißen Blättern, Regen und Autoscheinwerfern, die einen Teil der Scheibe rot einfärben. Auf einem anderen Bild scheint ein Blatt schräg in der Luft zu stehen. Vermutlich wird es von einem Spinnfaden gehalten. Wo einem das Originelle, der besondere Zugriff fehlt, das sind die Aufnahmen von Münchner Parks und vom Oktoberfest. Aber das sind inzwischen auch so abgenutzte, zumeist touristische Münchner Motive, dass man daran eigentlich fast nur scheitern kann.

Ansonsten kann man Florian Heine nicht absprechen, dass er als Fotograf ein Könner ist. Oder doch eher ein Nicht-Könner, weil ein Könner ja kein Künstler ist? "Wenn man's nicht kann, ist's keine Kunst. Wenn man's kann, ist's erst recht keine Kunst". Diesen schönen Spruch hat Heine im Münchner Residenztheater entdeckt und auf einem Foto festgehalten. Eine weiterführende Paraphrase eines bekannten Satzes von Johann Nepomuk Nestroy, darf man annehmen. Aber so klug, gewitzt und paradox wie diese ist: die könnte auch vom großen Karl Valentin stammen.

Voll schön - Eine Fotoausstellung von Florian Heine, bis 28. Juni, Valentin-Karlstadt-Musäum, Tal 50, www.valentin-musaeum.de

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