Kunst-Aktion:Zeichen der Solidarität

Kunst-Aktion: Aufklärungsarbeit mittels Haftnotiz: Die Comic-Gewerkschaft stellt sich vor.

Aufklärungsarbeit mittels Haftnotiz: Die Comic-Gewerkschaft stellt sich vor.

(Foto: Tanja Kernweiss)

Eine Gewerkschaft für Comic-Schaffende? In München stellt sich eine neue Gemeinschaft vor - mit einer Ausstellung im Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten.

Von Jürgen Moises

Das Hobby zum Beruf machen! Freiheit! Der "Art-Director des eigenen Lebens" sein! Das sind Wünsche, wie sie wohl viele junge Menschen haben und die man "die neoliberale Erzählung von der Selbstverwirklichung" nennen kann. So wird sie zumindest auf einem riesigen blauen Haftzettel bezeichnet, der an einer Wand im Kunstpavillon des Botanischen Gartens in München klebt. Dass das Ganze am Ende in Wahrheit meist auf "eine prekäre Arbeitssituation" hinausläuft, das steht ebenfalls auf dem Zettel, den man somit als Warnung verstehen kann. Aufklärerisch ist er auf jeden Fall gemeint, sowie auch die anderen bunten Haftnotizen an der Wand. Dort hingeklebt haben sie Mitglieder der Comic-Gewerkschaft.

"Together für besser - die Comic-Gewerkschaft lädt ein" heißt die Schau, mit der sich die im Herbst 2021 ins Leben gerufene, aktuell noch in Gründung befindliche Gewerkschaft ins Bewusstsein bringen will. Und mit der sie gleichzeitig auch zeigen will, warum es sie unbedingt braucht. Die prekäre Arbeitssituation wurde bereits genannt, unter der viele Comic-Schaffende leiden. Hinzu kommt: Comic-Zeichner ist kein geschützter Beruf. Es gibt keine Tarifverträge, keine verbindlichen Honorartabellen. Und wie vielschichtig und umfangreich die Arbeit an einem Comic sein kann, dafür fehlt in vielen Verlagen oder Redaktionen noch immer das Bewusstsein. Auch gezielte Fördermöglichkeiten gibt es für Comics kaum, die irgendwo zwitterhaft zwischen Literatur und Kunst stehen.

Zusammengefasst finden sich all diese Punkte in einem Manifest, das im September 2022 veröffentlicht wurde und zum Mitnehmen ausliegt. Konkrete Forderungen stehen darauf auch, wie: eine angemessene Entlohnung, die Einrichtung neuer Stipendien oder allgemein eine "bessere soziale Absicherung für Kulturarbeiter". Die großen Haftzettel ergänzen die ausformulierten Probleme und Forderungen in Form von Fragen oder Statements. Und dann gibt es gegenüberliegend noch eine Wandzeichnung mit einem Stift als Protagonist. Der zeigt einem, wie und unter welchen Bedingungen ein Comic entsteht. Eine schöne Auswahl an Comics zum Durchblättern gibt es auch. Damit man nochmal weiß, um was es geht, wenn die offiziell in Berlin verortete Gewerkschaft irgendwann in den nächsten Monaten ihre ersten Mitglieder aufnimmt.

Davor will das 17-köpfige Gründungsteam aber zuerst das geplante Online-Forum fertigstellen, über das die Aufnahme dann laufen soll. Dieses Forum soll zudem eine zentrale Anlaufstelle sein. Das heißt ein Ort, eine "Struktur", an die sich Zeichner mit Fragen und Problemen wenden können. Und das antihierarchisch sowie basisdemokratisch. Mehr Gemeinschaftsgeist kann auf jeden Fall nicht schaden, jetzt wo mit der Künstlichen Intelligenz ein weiteres Problem auftaucht. In der Illustratoren-Szene spricht man angesichts von Bild-Generatoren wie Dall-E bereits von einem "Paradigmenwechsel". Und wie sieht es eigentlich aus: Hat Dall-E auch schon einen Comic gezeichnet?

Together für besser - die Comic-Gewerkschaft lädt ein!, bis 26. Feb., Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten, Sophienstr. 7a, www.comicgewerkschaft.org

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