Fast meint man, die Muttererde zu riechen, die im größten Raum der ehemaligen „Gläsernen Backstube“ von Rischart, der Münchner Traditionsbäckerei, im Gärtnerplatzviertel aufgeschüttet worden ist. Sehen kann man sie jedenfalls. Und auch ein bisschen spüren unter den Schuhen, weil die Erde beim Gehen sachte nachgibt. Ungläubig bleibt man trotzdem. Denn zwanzig Zentimeter hohe Erde, für die es ganze elf Lkw-Ladungen brauchte, ist nicht das, was man in einer Backstube erwartet. Aber Kunst erwartet man dort auch nicht. Und zu einem Kunstwerk von Hans Schabus gehört die tonnenschwere Erde.
„Schwerkraft der Verhältnisse“ heißt die Installation des Österreichers, der als einer von acht Künstlern und Künstlerinnen beim 16. RischArt-Projekt mit dem Titel „Mischen“ in der Backstube mitwirkt. Es ist nicht das erste Mal, dass es dort Kunst gibt. Tatsächlich fand das allererste RischArt-Projekt dort 1983 statt. Damals war die Backstube im Hinterhof noch im Aufbau. Jetzt ist sie verlassen. Denn Rischarts Backhaus ist in einen Neubau an der Theresienhöhe gezogen. Ein Schritt, der nötig war, laut Firmenleiter Magnus Müller-Rischart. Weil die Räume zu unpraktisch geworden waren.

Dass man nun durch die verlassenen Back- oder Kühlräume spazieren darf, macht nicht zuletzt den Reiz der Ausstellung aus. Aber das war schon immer so beim RischArt-Projekt, dass die Kunst neue Räume erobert. Seit der 2024 verstorbene Gerhard Müller-Rischart dieses ins Leben rief. Bereits zum 14. Mal hat Katharina Keller die Künstler dafür ausgesucht. Und die dürfen das als Chance sehen. Denn das Bodendenkmal etwa, das Robert Schmidt-Matt 1988 am Geschwister-Scholl-Platz im Rahmen von RischArt geschaffen hat, gibt es heute noch. Und bei Beate Passow war der „Vergoldete Hochsitz“, den sie 1995 schuf, der Startpunkt ihrer Karriere.

Passow ist auch dieses und damit zum vierten Mal dabei. Unter dem Titel „Submarin’s Dream“ hat sie die ehemalige Cafeteria gelb gestrichen und zeigt dort Tapisserien, auf denen man die Geschichte von Rischart, filmische Tortenschlachten und „Blumenaltäre“ sieht. Tina Haase hat in einem Raum Fenster mit bunten Plastiktüten verkleidet, was diesem etwas Sakrales gibt. Unter dem Titel „Tragwerk“ hat sie zudem Bäckerkisten zu einer architektonischen Lichtinstallation geschichtet. Claudia Holzinger tritt in ihrer humorvollen Fotoserie „Seepferdchen mit Schürz“ in verschiedenen Rollen auf. Unter anderem als König Ludwig II., im Kostüm, das Markus Söder beim Fasching trug.
Rosa Luckow hat aus Backmaschinen-Geräuschen eine Soundinstallation kreiert. In Veronika Günthers Serie „Desolation Row“ mit großen Zeichnungen vermischen sich Realität, Traum, Pop- und Kunstwelt. Gabi Blum hat die Hand der Bavaria acht Meter groß nachgebaut. Inspiriert dazu hat sie ein Foto, auf dem Männer am Gerüst der Freiheitsstatue werkeln. Das Trio Pegasus Product bietet Besuchern an, Abgüsse ihres linken Fußes machen zu lassen. Mit diesem Phantomfuß kann man vor Ort Rituale durchführen. Oder ihn als Türstopper verwenden. Vielleicht in einer der 100 neuen Wohnungen, die die Stadt nach dem Abriss der Backstube auf dem Gelände bauen will.
16. RischArt-Projekt: Mischen, bis 16. April, tgl. 11-19 Uhr, Gläserne Backstube, Buttermelcherstr. 16, www.rischart.de/kunst