Wenn Serben und Albaner im Fußball aufeinandertreffen, dann schlagen die Wogen hoch zwischen den Angehörigen der seit Jahrhunderten im Clinch liegenden Nationen. Und zwar nicht nur auf dem grünen Rasen und nicht nur am Ort des Geschehens. Sondern auch, wie in der Nacht zum Sonntag geschehen, in München. Schauplatz war die Leopoldstraße. Hundert Polizistinnen und Polizisten waren nötig, um feiernde Albaner im Zaum zu halten und Zusammenstöße der teilweise aggressiven Fans zu verhindern.
In einem Lokal an der Leopoldstraße hatten sich am Samstagabend Hunderte Anhänger der albanischen Nationalmannschaft versammelt, um das Spiel im Fernsehen zu verfolgen. Und schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite etwa 50 Serben in einem anderen Lokal.
Bereits mit dem Halbzeitpfiff gegen 21.30 Uhr lief das Geschehen in München aus dem Ruder. Etwa 400 albanische Fans stürmten nach dem Führungstreffer ihres Teams auf die Leopoldstraße und blockierten die wichtige Nord-Süd-Verbindung im Stadtteil Schwabing. Sie musste ab dem Siegestor stadtauswärts für den Fahrzeugverkehr gesperrt werden. Auf der Straße kam es zudem immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lagern. Mit einem Großaufgebot musste die Münchner Polizei dazwischengehen.
Führten diese Sperren bereits zu massiven Anwohnerbeschwerden, insbesondere in der als Schleichweg genutzten Kaulbachstraße, verschärfte sich die Lage nach dem Schlusspfiff (Endstand 1:0 für Albanien) weiter. Auf der Leopoldstraße fielen mittlerweile Schüsse, Beamte fanden Munition aus gasbetriebenen PTB-Waffen. Auf dem Odeonsplatz kam es zu Auseinandersetzungen mit Polizisten.
Etwa 350 Autos bildeten schließlich einen albanischen Siegeskorso und verstopften Leopold- und Ludwigstraße. Die Münchner Verkehrspolizei griff durch und ahndete, was im Getümmel möglich war: Geschwindigkeitsübertretungen, Verstöße gegen die Gurtpflicht, Kennzeichenmissbrauch, Rotlichtverstöße, technische Veränderungen. Streifen der Polizeiinspektion 13 führten ebenfalls zahlreiche Verkehrskontrollen durch. Zwei Autos, bei denen die Betriebserlaubnis erloschen war, wurden aus dem Verkehr gezogen. Ein albanischer Fan wurde gestoppt, der mit 145 Kilometern pro Stunde durch die Stadt gerast war.
Einheiten der Polizei konnten sich oft nur noch durch Schieben und Drücken Platz und Respekt verschaffen. Zahlreiche Platzverweise wurden ausgesprochen. Ein Fan wurde wegen Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte festgenommen. Die Lage auf den Straßen Schwabings entspannte sich nach Polizeiangaben erst nach 1 Uhr.
Schon seit Jahrhunderten pflegen die orthodoxen Serben und die überwiegend muslimischen Albaner eine heftige Rivalität auf dem Balkan, die 1998/1999 im Kosovo-Krieg und dem seither schwelenden Konflikt um die Unabhängigkeitserklärung der mehrheitlich von albanischstämmigen Menschen bewohnten Provinz gipfelte.
Die bislang schwersten Auseinandersetzungen rund um ein Fußballspiel der beiden Nationen ereigneten sich im Oktober 2014, als ein Qualifikationsspiel zur Fußball-Europameisterschaft in Belgrad beim Stand von 0:0 in der 41. Minute abgebrochen werden musste, weil eine albanische Drohne über dem Platz kreiste, und rechtsextreme serbische Hooligans den Platz stürmten.
Am 25. Juni vergangenen Jahres randalierten serbische Fußballfans während der Europameisterschaft auf dem Münchner Marienplatz. Sie zündeten Pyrotechnik, gingen auf Polizisten los und warfen mit Stühlen und Flaschen. Am 28. November vergangenen Jahres musste die Polizei mit einem Großaufgebot eingreifen, als Hunderte Albaner ihren Nationalfeiertag begingen, indem sie mit einem Autokorso die Leopoldstraße blockierten.

