München:Auf dem Weg zum Flat-Ticket

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Inhabern von MVV-Jahreskarten zahlt der Landkreis die Differenz zum Innenraum-Tarif

Von Martin Mühlfenzl, München

Dass der Landkreis München MVV-Nutzer, die zu den Verlierern der Tarifreform zählen, entschädigen will, findet in der Kreispolitik Unterstützung. Allerdings machen die Grünen im Kreistag deutlich, dass sie einer "Angebotsverbesserung" Priorität einräumen. Grundsätzlich sei es "gut", wenn alle Jahreskartenbesitzer preislich dem neuen Innenraum (Zone M) zugeordnet würden, sagt Fraktionssprecher Christoph Nadler. "Aber wir stehen vor großen Investitionen wie dem Nahverkehrsplan." Landrat Christoph Göbel (CSU) hatte am Montag im Kreistag angekündigt, dass man Landkreisbewohnern, die eine Jahreskarte des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes besitzen oder sich für eine solche entscheiden, einen Zuschuss gewähren wolle, wenn diese durch die Tarifreform mehr für ihr Ticket bezahlen müssen als bisher.

Damit würden die Ungerechtigkeiten der MVV-Tarifreform für die Landkreisbürger beseitigt, sagt Ernst Weidenbusch. Der CSU-Landtagsabgeordnete und Kreisrat aus Haar hat das Modell maßgeblich durch einen Antrag angestoßen. Für Annette Ganssmüller-Maluche ist es "einfach nur gigantisch, was da jetzt passiert". Die stellvertretende Landrätin und SPD-Kreisrätin aus Ismaning gehörte von Anfang an zu den Kritikern der neu ausgearbeiteten MVV-Tarifreform und befürwortet ausdrücklich, dass der Landkreis München mit eigenen finanziellen Mitteln Ungerechtigkeiten der Neustrukturierung beseitigen will. "Wann wenn nicht jetzt sollen wir das machen? Wir als Landkreis können es uns leisten", so die SPD-Politikerin.

Laut Göbel ist das Ziel, dass alle Pendler, die ihren Erstwohnsitz im Landkreis haben und sich für ein Jahresticket entscheiden, zum selben Preis unterwegs sind - und zwar dem der neuen Zone M. Pendler aus Unterschleißheim, Ismaning oder Sauerlach (Zone 1) oder Aying (Zone 2) werden durch das Modell spürbar und im Schnitt um 350 Euro im Jahr entlastet. Deshalb erhalten etwa auch Ottobrunner oder Unterföhringer (Zone M), die Zone 1 oder 2 dazubuchen, den Differenzbetrag. Der Kreis geht von bis zu 15 000 Berechtigten aus, weil er sich durch den Zuschuss ein Plus bei den Jahreskartenbesitzern um 20 Prozent erwartet.

Die bürokratische Abwicklung soll nach den Worten Göbels möglichst in den Städten und Gemeinden erfolgen. Sie müsse "möglichst schlank" sein. Auch eine Online-Abwicklung sei vorstellbar. Wichtig sei, ein schnelles und effizientes System. "Wir wollen ja verhindern, dass jemand, der sich eine Jahreskarte kauft und nach zwei Monaten nach Wien zieht, den Zuschuss erhält."

Apropos Wien. Die Grünen im Kreis werden nicht müde, Österreichs Hauptstadt als Paradebeispiel beim ÖPNV-Ausbau zu preisen. "Dort wurden in den vergangenen Jahrzehnten Milliarden investiert. Und bei uns geschieht nichts", kritisiert Kreisrat Christoph Nadler. "Wir machen jetzt den zweiten Schritt vor dem ersten", sagt sein Fraktionskollege Markus Büchler. "Wichtig wäre aber, den ÖPNV attraktiver zu machen, Angebote zu schaffen. Wir wollen die Leute ja zum Umsteigen bewegen."

Zudem kritisiert Büchler, dass die Subventionierung nicht in die umgekehrte Richtung gelten soll. "Es gibt viele Menschen, die nach draußen zum Arbeiten fahren. Zum Beispiel von Schleißheim nach Freising", sagt er. "Die bleiben außen vor." Landrat Göbel weiß um diese Problematik und erneuert zwei Forderungen: Erstens müsse der MVV-Raum deutlich erweitert werden. Zweitens brauche es für diesen Raum "eine echte Flat". Also ein einheitliches Jahresticket. "Das ist das richtige Ziel", sagt Göbel.

© SZ vom 24.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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