Naherholung:Grün im Westen in Gefahr

Naherholung: Das Aubinger Moos zeichnet eine große Artenvielfalt aus - die Ausflügler gerne erkunden.

Das Aubinger Moos zeichnet eine große Artenvielfalt aus - die Ausflügler gerne erkunden.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wälder, Heiden und Seen im Münchner Westen leiden unter immer mehr Besuchern. In einem Workshop haben Anwohner nun Ideen zum Schutz der Natur gesammelt.

Von Ellen Draxel

"Ich habe mir meine besten Gedanken ergangen und kenne keinen Kummer, den man nicht weggehen kann", wusste schon der dänische Philosoph Søren Kierkegaard. Wie heilsam Naturerlebnisse sein können, ist inzwischen medizinisch erwiesen. Aktivitäten im Grünen reduzieren Stress, beugen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor, zeigen positive Effekte bei Diabetes, Arthritis und motorischen Defiziten. "Zehn Minuten in der Natur und die Konzentrationsfähigkeit steigt", betont auch Erziehungswissenschaftler Ulrich Gebhard. Naturerfahrungen seien Glücksmomente - wichtig insbesondere für Städter. Münchens Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) dagegen hat sich nie die Frage gestellt, warum ihr die Natur so guttut. "Ich weiß es einfach", sagt die Aubingerin.

Habenschaden und Gebhard waren Anfang der Woche Gäste eines Workshops, den die Münchner Volkshochschule im Aubinger Kulturzentrum Ubo 9 veranstaltet hat. Das Thema: Naherholung versus Naturschutz im Münchner Westen. Der Spagat ist groß. Auf der einen Seite muss es Freizeitareale geben, andererseits steigt der Nutzungsdruck auf die Erholungsflächen in der Stadt mit der Einwohnerzahl. Viel los ist vor allem an der Isar und im Englischen Garten, aber auch im Großraum Aubing drängen sich immer mehr Menschen auf engstem Raum. Allein der Stadtbezirk Aubing-Lochhausen-Langwied, zu dem Freiham gehört, wird seine Bevölkerungszahl bis 2040 nahezu verdoppeln.

Die Aubinger Lohe könnte zum Stadtwald werden

Dabei verfügt die Gegend über jede Menge Grün- und Freiflächen. Die Langwieder Heide, die Moosschwaige, das Gleislagerbiotop in Neuaubing, die Aubinger Lohe und die Seen Böhmerweiher und Langwieder Seenplatte finden sich hier, ergänzt durch Grünzüge in Neuaubing und Freiham. Fußgänger, Radfahrer und Reiter aber zerstören immer mehr die Flora und Fauna. Meist unwissentlich. Was lässt sich dagegen tun? Die Aubinger Lohe könnte zu einem Stadtwald werden, so der Vorschlag einiger Bürger beim Workshop. Bislang dient der Wald unter anderem der Holzgewinnung. Der Landschaftspark Freiham müsse sofort realisiert werden, fordern andere.

Sie finde den Autobahnausbau zu Lasten des Landschaftsparks auch "maximal frustrierend", meint Habenschaden, zumal dadurch auch noch zunächst vorgesehene Nutzungen wie beispielsweise das Urban Gardening wegfielen. Aber die Autobahndirektion habe nun mal den Auftrag, auszubauen. Viele halten zudem Infotafeln und Aufklärungsschilder für sinnvoll, kombiniert mit einem für Fußgänger, Radler und Reiter ausgelegten Wegekonzept. Barrieren sollten fallen, Querungsmöglichkeiten von Straßen und Schienen verbessert und Lücken in Grünverbindungen geschlossen werden. Um den Naherholungsdruck etwa auf die Moosschwaige, die Lohe oder die Teiche am Lohwiesengraben zu reduzieren, plädieren die Aubinger außerdem für "Bewegungsmöglichkeiten in alle Richtungen", auch nach Süden Richtung Wallfahrtsort Maria Eich.

Künftig achten "Gebietsbetreuer" auf die Natur

Insbesondere an Radwegen mangelt es im Viertel. Ideal fänden viele auch eine verbesserte Umweltbildung und das Einsetzen eines "Rangers", der "proaktiv" auf die Besucher zugeht. So genannte "Gebietsbetreuer" soll es im kommenden Jahr tatsächlich geben: Für den Haushalt des Umweltreferates wurde beschlossen, dauerhaft jährlich 200000 Euro für drei Betreuer, darunter einer für den Westen, zum Schutz der Münchner Artenvielfalt bereitzustellen.

Als "wunderbare Idee" erachten die Aubinger die Schaffung eines Badesees zwischen Freiham und Germering. Ergänzend könnte man auf dieser Seite des Autobahnrings A99 die Parkflächen des Freihamer Landschaftsparks im Sinne eines "Pufferparks" ausweiten, so die Workshop-Teilnehmer - ein Vorschlag, den auch schon der Bezirksausschuss und die Rathaus-CSU gemacht hatten, der im Planungsausschuss des Stadtrats aber keine Mehrheit fand. Dennoch sollen sämtliche Anregungen jetzt an die Verwaltung weitergeleitet werden. Die Erarbeitung eines "landschaftsbezogenen Wegekonzepts" für den Bereich zwischen der Würm und den westlichen Nachbargemeinden Münchens ist beim Planungsreferat bereits in Arbeit. Das Ziel: Für das Landschaftserleben wichtige Wege zu identifizieren, Lückenschlüsse anzuregen und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Aufenthaltsorte attraktiv gestaltet werden können.

Die Grünplanung lädt am 30. und 31. Oktober Interessierte zu zehn Kilometer langen Spaziergängen ein - am Samstag vom S-Bahnhof Obermenzing nach Lochhausen, am Sonntag vom Puchheimer Bahnhof über Böhmerweiher und Moosschwaige nach Allach. Treffpunkt ist jeweils um zehn Uhr. Anmeldung per E-Mail an matthias.lampert@muenchen.de.

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