Coronavirus:München setzt Impfungen mit Astra Zeneca für unter 60-Jährige aus

Reportage: Alten- und Servicezentrum Giesing, 2021

Ein Mann wird in einem Münchner Alten- und Servicezentrum geimpft.

(Foto: Robert Haas)

Es wird keine Impfungen mehr geben, "bis die Frage möglicher Impfkomplikationen für diese Personengruppe geklärt ist". Clemens Wendtner, Infektiologe und Chefarzt der München Klinik Schwabing, sieht in dem erneuten Impfstopp eine Katastrophe für die Impfkampagne.

Von Ekaterina Kel

Die Impfungen mit Astra Zeneca werden erneut gestoppt. Die Stadt setze Astra-Zeneca-Impfungen "vorsorglich" aus, teilt das Presseamt der Stadt am Dienstagnachmittag mit. Dieses Mal für alle Personen unter 60 Jahren. Man warte ab, "bis die Frage möglicher Impfkomplikationen für diese Personengruppe geklärt ist". Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte daraufhin an, dass die Impfreihenfolge schrittweise geändert werden soll. Es sei wichtig "aus der starren Impfempfehlung herauszukommen". Zudem deutet sich eine geänderte Altersempfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) für Astra Zeneca an.

Zuvor hatte das Land Berlin die Impfungen mit Astra Zeneca für Personen unter 60 Jahren gestoppt. Als Erstes verkündete ein Kreis in Nordrhein-Westfalen die Entscheidung, die Impfungen auszusetzen, dort aber nur für Frauen unter 55 Jahren. Zudem haben sich mehrere Leiter von Unikliniken gegen die Impfungen für jüngere Frauen ausgesprochen.

Für München bedeutet dieser zweite Impfstopp mit Astra Zeneca - der erste war vom 15. bis zum 18. März - einen erneuten Stau der Impftermine. Die Entscheidung betrifft vor allem die geplanten Impfungen im Impfzentrum in Riem und im Isar-Klinikum an der Sonnenstraße, heißt es von der Stadt. Die Impfungen in den Alten- und Service-Zentren können fortgesetzt werden - dort werden zumeist ältere Personen über 80 Jahren geimpft. Am Isar-Klinikum trifft es alle Termine: Hier wird seit dem 26. März in einem eigens dafür aufgebauten Impfzentrum im Innenhof ausschließlich Lehrpersonal von Grund-, Sonder- und Förderschulen, Erzieherinnen und Erzieher in Kindertagesstätten sowie Personal von heilpädagogischen Tagesstätten geimpft - und zwar mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff, der nun gestoppt wurde. Seitdem wurden dort bereits 3000 Personen immunisiert, das sind zehn Prozent der gesamten Bedarfsgruppe. Der Rest muss nun erst mal warten.

"Man braucht sich nicht wundern, wenn die Leute irgendwann gar nicht mehr wollen", sagt Michael Hoderlein-Rein, stellvertretender Vorsitzender des Münchner Lehrer- und Lehrerinnenverbands MLLV. Auf ihn mache das Krisenmanagement der Politik keinen guten Eindruck. Das Personal benötige so schnell wie möglich den Schutz vor einer Coronainfektion - besonders, wenn man die Schulen und Betreuungseinrichtungen nach den Osterferien offen halten will, betont Hoderlein-Rein. An der Grundschule Berg-am-Laim-Straße, die er leitet, habe sich eine überwiegende Mehrheit für eine Impfung entschieden, erzählt er. Von gut 100 Beschäftigen wollten bloß zwei noch eine Weile abwarten, wie sich die Diskussion um die Nebenwirkungen entwickelt.

Der erneute Impfstopp sei "für die Impfkampagne eine Katastrophe", sagte Clemens Wendtner, Infektiologe und Chefarzt der München Klinik Schwabing, auf Anfrage. Er befürchtet, dass selbst nach erneuter Freigabe viele dem Vakzin von Astra Zeneca nicht mehr trauen würden. Dabei sei aus seiner Sicht das Risiko einer Sinusvenenthrombose nach der Astra-Zeneca-Impfung weiterhin sehr gering.

Auch Christoph Spinner, Infektiologe am Klinikum rechts der Isar, sagt, dass das Risiko sehr gering sei, und dass es normalerweise nicht auf dem Beipackzettel auftauchen würde. Er würde seinen Patientinnen nach wie vor alle drei Impfstoffe empfehlen, wobei bei jüngeren Patienten eine "Risikonutzenabwägung" diskutiert werde. Es sei wichtig, aufzuklären: "Eine Sinusvenenthrombose ist sehr unwahrscheinlich, aber bei jüngeren Menschen nicht unmöglich".

Zur SZ-Startseite
Coronavirus - München

Corona-Projekt
:München darf keine Modellstadt werden

Gesundheitsminister Holetschek schließt Bayerns Großstädte aus dem Tübingen-Testlauf aus - zum Ärger von Oberbürgermeister Reiter.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: