Ermittlungen laufen:Millionen-Betrügereien in der Praxis

Ein Münchner Arzt soll Behandlungen abgerechnet haben, obwohl diese nie stattgefunden haben. Der Schaden liegt nach Angaben der Polizei bei rund drei Millionen Euro.

Von Bernd Kastner

Die Polizei hat einen mutmaßlich betrügerischen Arzt ermittelt, der mit gefälschten Abrechnungen rund drei Millionen Euro von Krankenkassen erbeutet haben soll. Der 58-jährige Mann, der eine Praxis im Osten der Stadt betreibt, habe Daten von früheren Patientinnen und Patienten genutzt, um Behandlungen bei gesetzlichen Kassen abzurechnen, die es nie gegeben habe. Laut Anja Brandstetter, die im Polizeipräsidium die Arbeitsgruppe Gesundheitswesen leitet, sei der Arzt, dessen Fachrichtung die Polizei nicht nennt, Ende 2019 einem Mitarbeiter einer Krankenkasse aufgefallen. Der Arzt habe mehrmals nachgefragt gehabt, ob bestimmte Patienten noch bei der Kasse versichert seien. Später habe es auffällig oft Abrechnungen von medizinischen Leistungen für genau diese Patienten gegeben. Der Verdächtige habe dabei auch sogenannte Ersatzbehandlungsscheine angefordert, weil angeblich sein Kartenlesegerät nicht funktioniert habe.

In umfangreichen Ermittlungen bei Patienten und weiteren Kassen habe die Polizei herausgefunden, dass der Arzt auch bei anderen Kassen Leistungen abgerechnet habe, die er nicht erbracht habe. Die verwendeten Patientendaten sollen von Personen stammen, die zuvor wegen eines Notfalls nur einmal tatsächlich bei dem Arzt gewesen seien. Insgesamt habe der Mediziner die Daten von mehr als 1500 Patienten missbraucht, diese hätten davon nichts mitbekommen.

Im Juni vergangenen Jahres habe die Polizei die Privat- und Praxisräume des Mannes durchsucht und zahlreiche Unterlagen sichergestellt. Diese seien laut Brandstetter ausgewertet worden, nun übernehme die zuständige Zentralstelle bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg das Verfahren.

Der Arzt betreibe laut Polizei seine Praxis weiter, dies sei ihm vor einer rechtskräftigen Verurteilung nicht zu verbieten. Weitergemacht habe der Mann zunächst auch mit seinen mutmaßlichen Betrügereien, so Brandstetter: Auch nach der Dursuchung habe er bis Ende 2020 falsche Leistungen abgerechnet. Am Tag der Durchsuchung habe sich der Mann der Polizei in ungewöhnlicher Kleidung präsentiert: Er sei nicht nur während der Durchsuchung seiner Wohnung im Schlafanzug gewesen, sondern auch später, als die Ermittler seine Praxis besuchten, und auch noch am Nachmittag jenes Tages, dann auf der Polizeidienststelle.

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