Süddeutsche Zeitung

Naturschutz:Brüter, singt ein Lied der Freude

Bei der Bebauung des Kirschgeländes in Untermenzing soll auf den Erhalt der Artenvielfalt geachtet werden. Zu Bauverzögerungen dürfe das aber nicht führen, fordern Politiker.

Von Ellen Draxel

Wohnquartiere mit viel Grün auszustatten, darum kümmern sich Bauherren und Planer schon seit Langem. Zunehmend gibt es aber auch Bestrebungen, diesen Ansatz auf die Tierwelt auszudehnen. Animal-Aided Design (AAD) nennt sich dieses Konzept, das darauf abzielt, die Bedürfnisse von stadtbewohnenden Tieren möglichst von Anfang an in die Stadt-, Landschafts- und Freiraumplanung zu integrieren.

In Allach-Untermenzing, am nordwestlichen Stadtrand und damit am Rande offener Freiflächen gelegen, will der Bezirksausschuss (BA) Animal-Aided Design jetzt auf das neue Wohngebiet auf dem sogenannten Kirschgelände angewandt wissen. Konkret: Bei der Umsetzung des dortigen Bebauungsplans soll es auch um den Erhalt der Artenvielfalt gehen.

Sechs Bereiche der Biodiversität nehmen die Lokalpolitiker dabei in den Fokus. Hinter dem Stichwort "Gebäudebrüter-Management" etwa verbergen sich Techniken und Installationen wie vogelspezifische Brutkästen, aber auch Wärmedämmverbundsysteme, die dem Artenschutz von Fledermäusen, Mehl- und Rauchschwalben, Sperlingen oder Mauerseglern zugutekommen sollen. Folgerichtig ist eine Freiflächengestaltung, die artenreiche Blühwiesen und einen entsprechenden Baumbestand ermöglicht - gerade auch unter dem Aspekt klimatischer Veränderungen.

Die Bürgervertreter schlagen außerdem vor, spezifische Lebensräume zu schaffen, etwa durch das Anlegen eines Feuchtbiotops, von Insektenhotels, Totholzhaufen oder Trockenmauern. Glas und Glasbauteile will man bewusst eingesetzt und gegen Vogelkollision gesichert wissen und bei der Wegebeleuchtung Lichtverschmutzung möglichst begrenzen. Schließlich sollen die Pflegezeitpunkte von Grünflächen nach Artenschutzgesichtspunkten gewählt werden, etwa beim Mähen von Wiesen oder dem Schneiden von Hecken.

1300 Wohnungen sollen in dem neuen Quartier entstehen

Die Stadtteilvertreter halten konsequent verfolgtes AAD für eine "pfiffige Idee", sind sich der möglichen Kollision mit bisher angesetzten Zeitplänen allerdings bewusst. Diese Planungsgedanken in den Bebauungsplan für das Kirschgelände zu integrieren, so das Credo, soll die Realisierung der geplanten Wohnbebauung auf keinen Fall verzögern - zu dringend brauche man den Wohnraum, heißt es im einstimmig beschlossenen, von den Freien Wählern und der ÖDP initiierten Antrag an die Stadt.

Das Kirschgelände ist ein zwölf Hektar großes, einst gewerblich genutztes Areal, das zu einem Wohngebiet mit Grundschule, mehreren Kindertageseinrichtungen sowie öffentlichen Grün- und privaten Freiflächen entwickelt werden soll. Es liegt zwischen der Kirsch- und der Esmarchstraße im Westen, der Hintermeierstraße im Norden, der Allacher Straße im Süden und der Bahnlinie München-Ingolstadt im Osten.

Seit der Gründung des Dampfsäge- und Hobelwerkes "Theodor Kirsch & Söhne" im Jahr 1892 wurde das Gelände als Gewerbe- und Mischgebiet genutzt - in den vergangenen Jahrzehnten vorrangig von Logistikunternehmen. Entstehen sollen dort nun rund 1300 Wohnungen, der Baustart für das Quartier ist noch in diesem Jahr geplant.

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