Die Idee ist ihnen seinerzeit unter der mehr als hundertjährigen Esche gekommen. Deren gewaltige Baumkrone überspannt den Haidhauser Herbergenhof - zweifelsfrei einer der idyllischsten Orte im Viertel, dessen Anblick den meisten Menschen jedoch verborgen bleibt. Was einen direkt zu den Überlegungen jener Kunstschaffenden bringt, die 2005 in dem Hinterhof in der Preysingstraße beisammensaßen. "Wir wollten den Künstlern in Haidhausen mehr Präsenz verschaffen", erzählt Eva Sperner, die seit 1989 im Herbergenhof lebt und arbeitet. "Denn die meisten haben ihre Ateliers in Hinterhöfen oder Kellern, sodass viele Menschen gar nicht wissen, was für ein ungeheuer kreatives Viertel das hier ist."
Eva Sperner war damals gerade aus den USA heimgekehrt, wo die Glaskünstlerin in Cincinnati zusammen mit internationalen Kolleginnen und Kollegen an einem Kunstprojekt gearbeitet hatte. Das brachte sie auf den Einfall, ein solches Künstlernetzwerk auch in ihrer Heimat zu knüpfen und gemeinsam der Öffentlichkeit zu zeigen, wie viel künstlerischer Ideenreichtum in Haidhausen schlummert. Es war dies die Geburtsstunde von "Obacht! Kunst im Quartier" - einer inzwischen alle zwei Jahre stattfindenden Veranstaltung. Künstlerinnen und Künstler aus dem Stadtviertel öffnen ein Wochenende lang ihre Ateliers, zeigen ihre Werke und geben einen Einblick in ihren Schaffensprozess. Zudem stellen sie ein buntes Programm aus Konzerten, Lesungen und Workshops auf die Beine.
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Von Donnerstag an steigt nun bereits die zwölfte Auflage dieser Kultur-Biennale, die nach einer Umbenennung erstmals als "Art Haidhausen" firmiert. Eva Sperner, die sich lange federführend um die Veranstaltung gekümmert hat, ist inzwischen nur noch beratend tätig und unterstützt Cheforganisator Peter Euser. Der Fotograf und Lichtkünstler hat mit seinem Team erneut ein beachtliches Programm zusammengestellt, an dem sich mehr als 50 Künstlerinnen und Künstler beteiligen.
Am Freitag warten mehrere Vernissagen, etwa in Eusers Galerie in der Wörthstraße, wo ab 19 Uhr unter dem Motto "Stripes and Strokes" auch die Band "Lost in Bavaria" auftritt. Am Samstag und Sonntag können die Besucher - in den vergangenen Jahren zog das Kulturfestival stets mehrere tausend Menschen an - dann einen Blick in Dutzende Ateliers werfen, beispielsweise im Kriechbaumhof, in der Kunst-Werkstatt in der Steinstraße sowie im Haidhauser Herbergenhof, wo unter anderem Eva Sperner ihre in Glas gravierten Goldbilder zeigt.
Guter Überblick in der Gemeinschaftsausstellung
"In einem Atelier schwingt immer die komplette Handschrift eines Künstlers mit", erklärt sie den besonderen Reiz der offenen Arbeitsstätten. "Dieser Ort des Schaffens hat ein Fluidum, das sehr markant ist." Als ersten Anlaufpunkt für Besucher der "Art Haidhausen" empfiehlt Eva Sperner die Jugendkirche in der Preysingstraße. Dort ist eine Gemeinschaftsausstellung zu sehen, zu der jede beteiligte Künstlerin und jeder beteiligte Künstler ein Werk beigesteuert hat.
"In der Kirche kann man sich einen guten Überblick verschaffen", sagt Eva Sperner, "und danach gezielt die Ateliers der Künstler ansteuern, deren Werke einen interessieren." Für die Kunstschaffenden wiederum sei das Kulturfestival so wertvoll, "weil man ins direkte Gespräch mit dem Besucher als Kunstinteressierten kommt", sagt Sperner. Zudem stärke die Veranstaltung die Kontakte zwischen den Kunstschaffenden untereinander, was regelmäßig zu Kooperationen führe. Und wie fruchtbar dieses Zusammenkommen von Künstlern sein kann, das hat sich schon vor 18 Jahren gezeigt - im Schatten der uralten Esche.
Die "Art Haidhausen" startet am Donnerstag um 19 Uhr mit der Vernissage der Gemeinschaftsausstellung in der Jugendkirche. Am Freitag und Samstag von 14 bis 21 Uhr sowie am Sonntag von 14 bis 19 Uhr öffnen dann mehr als 50 Künstlerinnen und Künstler ihre Ateliers für Besucher. Das komplette Veranstaltungsprogramm findet sich auf www.art-haidhausen.de .