Süddeutsche Zeitung

Arnulfpark:Warten auf den Nachbarschaftstreff

Obwohl die Idee für einen Neubau schon seit 20 Jahren besteht, verzögert sich das Projekt immer weiter. Weil der Platz im Provisorium zu knapp wird, soll nun ein Kinderspieltreff ausziehen.

Von Ilona Gerdom

Links ragt das Kontorhaus auf, rechts ein Wohngebäude, dazwischen liegt eine kleine Brachfläche. Durch die Baulücke pfeift der Wind. Er bläst Sabine Ullrich die Haare ins Gesicht und fegt ihr den lila Schal über die Schulter. Eigentlich sollte die Leiterin des Nachbarschaftstreffs Arnulfpark nicht an der Erika-Mann-Straße in der Kälte frieren. Stattdessen sollte hier ein Haus stehen. Für den von QuarterM betriebenen Treffpunkt, aber auch für eine offene Kinder- und Jugendeinrichtung. Obwohl ein Neubau seit 2002 angedacht und seit 2013 vom Stadtrat beschlossen ist, wartet man im Arnulfpark noch heute darauf. Beginn der Bauarbeiten soll laut der zuständigen Referate erst 2023/24 sein. Der Nachbarschaftstreff sieht sich nun wegen Platzmangels sogar gezwungen, eine langjährige Kooperation zu beenden.

Von der Erika-Mann-Straße aus sind es nur ein paar Minuten zu Fuß bis zur Arnulfstraße. Im Erdgeschoss der Nummer 43 ist der Treff seit 2007 beheimatet. Schon damals war das als Notlösung gedacht. Laut Sozialreferat war man von einem Umzug im Jahr 2009 ausgegangen. Mit dem Beschluss von 2013 hätte man "vorgesehen, den Betrieb der Einrichtung 2016 aufzunehmen". Aufgrund der langwierigen Verhandlungen mit dem vorherigen Grundstückseigentümer habe das nicht eingehalten werden können. Erwerben konnte die Stadt das Grundstück erst im Mai 2017. Das antwortete das Kommunalreferat dem Bezirksausschuss Maxvorstadt, als der im März vergangenen Jahres nachhakte. Zum aktuellen Sachstand hieß es: Eine Vorentwurfsplanung sei erarbeitet, wegen der Haushaltslage müsse man sich mit der Stadtkämmerei abstimmen.

Das hat sich bisher nicht geändert. Auf Anfrage der SZ machen die Referate die gleichen Angaben. Mit einer Ausnahme: Im Juni hieß es noch, ein Baubeginn sei "in Abhängigkeit von der Finanzierbarkeit des Gesamtprojekts" frühestens 2023 möglich. Daraus ist inzwischen der Jahreswechsel 2023/24 geworden.

Die Stadt hält den Treff für ausreichend groß

Anwohnerinnen und Anwohner, die den Nachbarschaftstreff nutzen, müssen weiterhin mit den Räumlichkeiten an der Arnulfstraße vorlieb nehmen. Und die sind beengt: Ein Gemeinschaftsraum mit zwei Sofas, Tisch und Kicker. Dazu eine Küche, ein kleines Büro, Toilette. Insgesamt 82 Quadratmeter gibt das Sozialreferat an. Außerdem formuliert die Pressestelle, man sei zwar an der Kapazitätsgrenze angelangt, trotzdem sei der Ort für die "aktuellen Nutzungsanfragen geeignet".

Darüber kann Ullrich nur den Kopf schütteln: Vor der Pandemie seien im Schnitt 40 Personen am Tag gekommen. "Wahnsinnig viel" sei das. Seit Corona sind die Gruppenangebote in der Einrichtung zwar weggefallen, den Platz brauche man dennoch "unbedingt".

An drei Tagen in der Woche kam bisher auch das zum Kreisjugendring gehörende "Spielhaus Sophienstraße" für ein mobiles Angebot hierher. Nun habe man aber die "schwere Entscheidung" getroffen, sich Ende März vom Spielhaus zu trennen, erklärt die Sozialpädagogin. Man brauche den Raum einfach selbst und "ganz dringend" für die "Bildungsinsel". Ein Projekt, bei dem Bildungspaten Grundschulkinder in ihrer Entwicklung begleiten. Gerade in Zeiten von Lockdown und Homeschooling sei dieses Angebot noch wichtiger geworden. Vor Corona konnte Ullrich immer wieder organisieren, dass man sich zum gemeinsamen Lernen in ruhigen Räumen der umliegenden Firmen treffen konnte. Da dürfe jetzt aber keiner mehr rein. Als Ort bleibt also nur der Gemeinschaftsraum.

So oder so sei der Neubau "durchaus wünschenswert", sagt Ullrich. Seit 2007 seien ihr zum Beispiel auch bei Umgestaltungen im Treff oft die Hände gebunden. Schließlich heiße es immer: "Der Neubau kommt." Damit das geschieht, fordert der Bezirksausschuss nun, dass die Errichtung "zeitnah" realisiert wird. Dabei solle bedacht werden, dass die knapp 400 Kinder unter 14 Jahren, mit denen gerechnet worden war, inzwischen deutlich älter sind. Daher solle die Kinder- und Jugendeinrichtung später Menschen bis 21 Jahren offenstehen. Ob das umgesetzt wird, liegt bei den zuständigen Referaten. Für Sabine Ullrich jedenfalls ist klar: "Bald wäre wichtig. Dann können wir endlich wieder agieren."

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