Architektur:"Ein wahnsinnstolles Objekt"

Zwei 155 Meter hohe Hochhäuser sollen in München an der alten Paketposthalle entstehen.

Eine nach innen gewölbte Fassade, die der Paketposthalle ähnelt - von dieser Idee haben Herzog/de Meuron sich nun verabschiedet. Simulation: Herzog de Meuron

  • Im Quartier rund um die denkmalgeschützte Paketposthalle sollen zwei 155 Meter hohen Wohn- und Bürotürme außergewöhnliche städtebauliche Akzente setzen.
  • Der Planungsausschuss des Stadtrats hat dem Grundkonzept des Architektenbüros Herzog & de Meuron mit großer Mehrheit zugestimmt.
  • Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sprach von einem "guten Tag für die Stadtentwicklung".

Von Alfred Dürr

Es könnte das spektakulärste neue Baugebiet in München werden - das Quartier rund um die denkmalgeschützte Paketposthalle in der Nähe der Friedenheimer Brücke in Neuhausen. Vor allem die zwei jeweils 155 Meter hohen Wohn- und Bürotürme sollen außergewöhnliche städtebaulich Akzente setzen. Nun hat der Planungsausschuss des Stadtrats diesem Grundkonzept des Architektenbüros Herzog & de Meuron mit großer Mehrheit zugestimmt und die Voraussetzungen für den Start des offiziellen Planungsprozesses geschaffen.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sprach von einem "guten Tag für die Stadtentwicklung". Wo heute noch die Post ihr Briefverteilzentrum betreibe, entstehe ein lebendiges, urbanes Gebiet mit öffentlicher und kultureller Nutzung der architektonisch herausragenden Halle: "Es wird ein Quartier mit Vorzeigecharakter, damit kann man als OB doch zufrieden sein."

So viel überschwängliches Lob für ein Großprojekt gab es im Stadtrat selten. Walter Zöller (CSU) sieht einen "mächtigen Schritt Münchens in die Zukunft". Die Planungen für das Areal seien mutig und buchstäblich hoch interessant. Dass die Halle aus den Sechzigerjahren mit ihrem riesigen Bogendach öffentlich zugänglich werde, sei sensationell. "Die Halle ist ein wahnsinnstolles Objekt, man kann es nicht anders sagen. Und das gesamte Projekt ist wunderbar", ergänzte Heide Rieke (SPD). Michael Mattar (FDP) sagte: "Wir sind doch nicht ein größeres Deggendorf, sondern eine Stadt, die wirklich urban sein muss, wenn sie attraktiv bleiben will."

Sie teile die Hoffnung, dass das Areal "weltweit etwas einzigartiges werden könnte", sagte Anna Hanusch (Grüne). Die Halle dürfe aber auf keinen Fall "rein kommerziell" werden. Die Grünen fordern unter anderem, mehr Flächen an Genossenschaften zu reduzierten Bodenpreisen zu vergeben. Außerdem sollen auch Sozialwohnungen in die Hochhäuser: "Damit es nicht heißt, die Wohlhabenden schauen auf die herunter, die weniger haben."

Brigitte Wolf (Die Linke) stand mit ihrer ablehnenden Haltung zu dem Projekt alleine da. Sie sieht eine "menschenfeindliche Planung", die keine Rücksicht auf die vorhandene Nachbarschaft und die künftigen Bewohner des Quartiers nehme und in vielen Bereichen nur "geldgetrieben" sei. Außerdem fehlten ausreichende Grün- und Freiflächen. Auch Johann Sauerer (CSU) hob am Ende die Hand gegen das Projekt, gab aber keine Begründung ab.

Vor allem die geplanten Zwillingstürme, die den bisherigen Hochhaus-Maßstab von maximal 100 Metern sprengen, dürften noch für Diskussionen sorgen. Einen Vorgeschmack gab es im Planungsausschuss. OB Reiter sagte, der Bürgerentscheid von 2004 mit seiner Höhenbegrenzung spiegele die Wirklichkeit in München nicht wider. Ein neuer Hochhaus-Bürgerentscheid ist für ihn nicht notwendig. Die Parteien könnten ihre Positionen darlegen, die Bürger hätten im kommenden März die Wahl. "Wir vertreten die Interessen der Bürger und müssen nicht bei jeder Frage ein Abstimmungsverfahren einleiten", sagte Heide Rieke. Für einen Bürgerentscheid zu den baulichen Höhen in München ist hingegen Anna Hanusch. Das Bürgervotum von 2004 könne nicht einfach durch einen Stadtratsbeschluss außer Kraft gesetzt werden.

Stadtbaurätin Elisabeth Merk will die von der Stadt in Auftrag gegebene Hochhausstudie am 19. November der Stadtgestaltungskommission vorstellen lassen. Die Diskussion, wo und wie hoch Türme gebaut werden können, soll bis zum Sommer 2020 geführt werden. Dann entscheidet der Stadtrat, wie es mit dem Hochhaus-Thema weitergeht.

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