Architektur in München:Stadträte wollen über neue Hochhäuser selbst entscheiden

Paketposthalle Hochhäuser Architektur

Neben der Paketposthalle sollen zwei Türme entstehen, die weit über die 100-Meter-Grenze ragen.

(Foto: Herzog de Meuron (Simulation))
  • Im Jahr 2004 haben die Münchner in einem Bürgerentscheid bestimmt, dass die Türme von Hochhäusern nicht höher als 100 Meter sein sollen.
  • Der Stadtrat will, dass künftig Entscheidungen über höhere Hochhäuser direkt in dem Gremium gefällt werden können.
  • Anlass der Debatte war die Vorstellung der neuen Hochhausstudie, die bereits im vergangenen Herbst in der Stadtgestaltungskommission diskutiert worden war.

Von Sebastian Krass

Der nächste Stadtrat soll neue Hochhäuser auch jenseits von 100 Metern beschließen können - und nicht erst die Bürger nach ihrer Meinung fragen. Das zumindest findet der Planungsausschuss des noch bis zum Frühjahr amtierenden Stadtrats. Eine Mehrheit aus CSU, SPD, FDP und Bayernpartei lehnte am Mittwoch einen von ÖDP und Linken eingebrachten Antrag für einen sogenannten Ratsentscheid in der Hochhausfrage ab. Auch die Grünen unterstützten die Idee, dass der Stadtrat die Bürger abstimmen lässt, wie München es künftig mit Hochhäusern halten will. Ob der Fragetext sich an dem des Bürgerentscheids von 2004, als eine knappe Mehrheit für eine Obergrenze von 100 Metern stimmte, orientiert oder ob es eine andere Fragestellung gegeben hätte, das hatten ÖDP, Linke und Grüne offengelassen.

Anlass der Debatte war die Vorstellung der neuen Hochhausstudie im Stadtrat, die bereits im vergangenen Herbst in der Stadtgestaltungskommission diskutiert worden war. Das von der Stadt beauftragte Münchner Büro 03 Architekten hat in der Studie, die derzeit noch den Status eines Entwurfs hat, Qualitätskriterien, Vorschläge für einen verpflichtenden Planungsprozess und einen Zonenplan für mögliche Hochhausstandorte in unterschiedlichen Höhenkategorien erarbeitet. Konkrete Angaben, an welcher Stelle wie hoch gebaut werden darf oder soll, macht die Studie nicht. Erst aus der Anwendung der vorgeschlagenen Kriterien sollen sich mögliche Höhenentwicklungen ergeben.

Nun will das Planungsreferat den Inhalt der Studie mit der Öffentlichkeit, den Bezirksausschüssen und Fachgremien diskutieren. Dabei soll es auch um die Umsetzbarkeit gehen, und es soll nach Anwendungsbeispielen gesucht werden. Die Ergebnisse sollen bei der Fertigstellung der Studie einfließen, die dann dem Stadtrat erneut vorgelegt wird. Wenn alles läuft wie geplant, entsteht daraus ein verbindlicher Hochhausrahmenplan für neue Projekte.

Diese nächsten Schritte werden von der Immobilienbranche und von der Münchner Wirtschaft sehnsüchtig erwartet. Denn das Wachstum Münchens verknappt nicht nur den Wohnraum, auch die Nachfrage nach Büroflächen übersteigt das Angebot bei Weitem, mit der Folge, dass die Mieten in diesem Bereich noch rapider steigen als beim Wohnen, allein im vergangenen Jahr um zehn Prozent. Bei der Hochhausdebatte geht es im Wesentlichen um Büroraum und vielleicht ein bisschen um Luxuswohnen. Bezahlbarer Wohnraum lässt sich unter anderem wegen Brandschutzauflagen in der Höhe nicht schaffen.

Derzeit gibt es ein Hochhaus-Projekt, das die 100 Meter deutlich überschreiten würde. Ein Investor will auf dem Gelände der Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke zwei 155 Meter hohe Türme bauen, es wären die höchsten Bürogebäude Münchens. Aber wenn die Stadt einen Rahmenplan verabschiedet, werden schnell neue Projekte auf den Tisch kommen.

FDP-Stadtrat Jörg Hoffmann sieht in der Studie "eine sehr gelungene Grundlage, um einen großen Wurf für eine vernünftige Hochhaus-Planung zu schaffen". Er hoffe, "dass die Stadtgesellschaft nicht mehr so rückständig ist wie vor 16 Jahren", gibt aber auch die Devise aus: "Es liegt an uns, die Bevölkerung mitzunehmen." Johann Sauerer von der ÖDP, die neue Hochhäuser ablehnt, hielt entgegen, solche Gebäude würden "das Stadtbild über Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte prägen". Da sollte man alle befragen, nicht nur den Stadtrat. Das müsse aber nicht von diesem Gremium ausgehen, findet Hoffmann: "Die Initiative muss von Bürgern kommen, und sie wird auch von Bürgern kommen."

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