Rekord-Rapper:Apache 207 zeigt, dass er gleich bleibt - leider

Rekord-Rapper: Feuer, große Posen und sogar ein kleines Boot: Erfolgs-Rapper Apache 207 fährt bei seinem Konzert in der Münchner Olympiahalle groß auf.

Feuer, große Posen und sogar ein kleines Boot: Erfolgs-Rapper Apache 207 fährt bei seinem Konzert in der Münchner Olympiahalle groß auf.

(Foto: Paul Shady/Feder Musik)

Volkan Yaman alias Apache 207 begeistert seine Fans in der Olympiahalle mit viel Autotune und einer wild inszenierten Show.

Von Anna Weiß, München

"Apache bleibt gleich" ist das Versprechen, das Volkan Yaman alias Apache 207 der Generation Z (beginnend mit seinem Geburtsjahr 1997) gibt und das ihr mehr Beständigkeit vermittelt, als es ein Politikerspruch wie einst Norbert Blüms "Eins ist sicher: die Rente" jemals könnte.

Das wird auch bei dem Konzert des Deutsch-Rappers, der die stilistischen Gesetze des Genres mit Mut zum Kitsch und 80er-Jahre-Sounds auszuhebeln scheint, in der Münchner Olympiahalle am Donnerstagabend deutlich, wenn Tausende Fans diese drei Worte brüllen: Die Zeile "Apache bleibt gleich" wurde mit dem Mega-Hit "Roller" zum Slogan. Wahrscheinlich kann in Deutschland jede Person zwischen sieben und 27 Jahren beim Stichwort "Roller" aus dem Effeff mitsingen: "Reden sie von Koks und von Messerstecherei, Brudi ich muss los, wenn die Roller wieder schrei'n - Apache bleibt gleich".

Der Song katapultierte den Rheinland-Pfälzer mit türkischen Wurzeln 2019 quasi über Nacht zum Superstar, der seitdem Rekorde verzeichnet: 27 Mal Gold, siebenmal Platin, einmal Diamant und mehr als zwei Milliarden Streams. Seine erste Tour ist eine Stadion- und Hallentour: souverän performt Yaman seinen autotune-lastigen Deutsch-Rap, singt von "Mama", Aufwachsen in Armut und dicken Autos, die er von der harten Arbeit verdient. "Und Mama bin ich einmal wieder nicht daheim will ich, dass du keine Träne weinst, denn ich bring' Brot nach Hause", singt er unisono mit seinem Publikum.

Yaman gilt als Reformer im Genre, er kann nicht nur rappen, sondern auch sehr gut singen und scheut nicht davor zurück, kitschige Zeilen inbrünstig von sich zu geben, misogyner Rhetorik bedient er sich leider trotzdem. Seine Markenzeichen sind die langen Haare, die heutzutage nur noch im Deutsch-Rap unüblich sind. Überraschend für eine Show aus diesem Genre auch das detailverliebte Bühnenbild: Es ist dem Haus in der Siedlung, in der Yaman aufgewachsen ist, nachempfunden, samt Spielplatz davor. Auf der großen Leinwand hinter der Bühne werden Filmsequenzen abgespielt, im Laufe des Abends übertritt Yaman mehrmals die Sphären von Leinwand und Bühne, etwa wenn er im Film niedergeknüppelt und dann in einem Sarg auf die Bühne getragen wird, aus dem er in Lederkluft wieder emporsteigt.

Die Geschichte von Yaman und seinem Bruder wurde in einer Amazon-Doku verfilmt

Zwischendurch pflügt er in einem Holzboot, das auf einem Rollgestell geschoben wird, durch das Menschenmeer in der Olympiahalle, man traut seinen Augen kaum: Ist das der Papst in seinem Papamobil? Die wiederauferstandene Personalunion von Queen Elizabeth II. und Jesus? Das lange Haar geöffnet, ganz in weiß gekleidet, royal winkend, wird der Zwei-Meter-Mann selig lächelnd durch die Halle geschoben, dazu dröhnt Céline Dions "My Heart will go on". Ist das ein Konzert oder ein ambitioniertes Musical der Theater-AG des Theodor-Heuss-Gymnasiums Ludwigshafen?

Rekord-Rapper: Viel hilft viel: Vom Autotune bis zum Outfitwechsel ist alles dabei. Doch Volkan Yaman aka Apache 207 kann auch ohne Verzerrung schön singen.

Viel hilft viel: Vom Autotune bis zum Outfitwechsel ist alles dabei. Doch Volkan Yaman aka Apache 207 kann auch ohne Verzerrung schön singen.

(Foto: Paul Shady/Feder Musik)

Dass Apache auf dieser Schule war, wird in dem als Dokumentation getarnten Imagefilm "Apache bleibt gleich" auf Amazon verraten. "Habt ihr meine Doku gesehen?", fragt der Rapper auch beim Konzert, fast alle Arme gehen in die Luft. Im Film erfährt man nicht viel über den jungen Mann, der Apache 207 ist. Die berührende, an den American Dream erinnernde Aufsteigergeschichte der Yaman-Brüder (der Ältere ist der Manager) und ihrer Freunde, die sich in Windeseile aus dem sozialen Prekariat an die Spitze der Charts hocharbeiten, wird nur oberflächlich erzählt, die Szenen im Haus der Kindheit (das auf die Münchner Bühne gebracht wird) wirken gestellt.

Was auch daran liegen kann, dass Yaman eigentlich nichts über sich preisgeben möchte, was sein gutes Recht ist, dem Film aber tieferen Gehalt verwehrt. Mittlerweile ist er so berühmt, dass er nicht mehr einkaufen gehen kann, das Brot kommt jetzt zu ihm nach Hause: "Jo Bruder, ich bin gerade bei den Burgerbrötchen, willst du die mit Sesam?", fragt einer seiner Assistenten, ein Kindheitsfreund, der mit dem Boss am Telefon im Edeka steht. Will er nicht.

Bei Yamans Künstlernamen - der laut eigener Aussage in der Doku der Spitzname seiner Mutter für ihn war - kommt auch die Frage nach kultureller Aneignung auf. Dass Yaman diese schon mal gehört hat, ist bekannt. Ob er sich darum kümmert? Eher weniger. Bei dem Konzert brüllen er und sein Publikum sich mehrmals gegenseitig "Indianer" und "Apache" zu, ohne sich daran zu stören.

Man erfährt, dass Apache 207 seine Augen der Öffentlichkeit nicht zeigt. Warum? "Weil die Augen sind das Tor zu deiner Seele. Ich will, dass man das von meiner Seele sieht, was ich selbst bereit bin, zu offenbaren." Diese und weitere Glückskeks-Weisheiten birgt die Doku, dazu viele deutlich abgelesene Voice-Overs und die Erkenntnis, dass Apache 207 eine Gelddruckmaschine ist, die in der Gefahr steht, verheizt zu werden - der Erfolg soll fortgesetzt werden.

Geheizt wird auch bei dem Konzert, Pyro ohne Ende, das "Peng, Peng" passt aber gut zum "Brrm, brrm" aus dem Hit-Roller. Der wird zweimal zum Besten gegeben, bei der Zugabe kommen Apaches Jungs auf die Bühne. So sehr die Geschichte und der Zusammenhalt der jungen Männer ans Herz geht, ein wenig wünscht man Apache 207, dass er nicht immer gleichbleibt.

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