„Randvoll“ wollen die Münchner Querdenker den Marienplatz bei ihrem „Friedensfestival“ am 1. September sehen. Der 1. September, der Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen, ist traditionell der Antikriegstag der Gewerkschaften gewesen. Und die wollen diesen Tag deshalb nicht der rechten Konkurrenz überlassen. Auf dem Königsplatz werden die Münchner Gewerkschaften zur gleichen Zeit (14 Uhr) zeigen, wie sie Frieden verstehen.
Dass das angesichts der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten kein einfaches Unterfangen wird, weiß Hedwig Krimmer. Die ehemalige Sekretärin der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ist eine der Initiatorinnen des Antikriegstags auf dem Königsplatz. Man sei sich der Tatsache bewusst, „dass die unterschiedlichen Haltungen in der Gesellschaft zu den aktuellen kriegerischen Auseinandersetzungen sich auch bei uns widerspiegeln“, heißt es im Konsenspapier der Veranstalter, zu denen auch das Münchner Friedensbündnis gehört.
Die Redner auf dem Königsplatz sollen also auf die Kriege in der Ukraine und in Gaza nicht konkret eingehen. Denn: „In der Tat gibt es zu den genannten Kriegen unterschiedliche Positionen in der Gewerkschaft“, bestätigt die Münchner Verdi-Geschäftsführerin Claudia Weber auf Nachfrage. „Einig sind wir uns als Gewerkschafter aber darin, dass alles getan werden muss, um schnellstmöglich zum Waffenstillstand und zu Friedensverhandlungen zu kommen, und dass künftige Kriege durch Entspannungs- und Abrüstungspolitik verhindert werden müssen.“
Das beteiligte Münchner Friedensbündnis nennt unter seinen Mitgliedsgruppen die „Frauen in Schwarz“, die aus ihrer Nähe zur israelfeindlichen, in Teilen antisemitischen BDS-Bewegung kein Geheimnis machen. Ausdrücklich als „Vortrag zum Antikriegstag“ kündigt das Friedensbündnis zudem eine Veranstaltung im Münchner Eine-Welt-Haus an, bei dem die Referentin laut Ankündigung den Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine und an Israel fordern wird. Also doch eine eindeutige Positionierung zu den aktuellen Kriegsschauplätzen?
Im Konsens habe man vereinbart, bei der Kundgebung selbst keine Stellung zu beziehen zu aktuellen Kriegsschauplätzen, sagt Weber. Das bedeute aber nicht den Verzicht auf grundlegende, pazifistische Haltungen: „Wir sprechen uns grundsätzlich gegen den Krieg als Mittel der Politik aus.“ Im Vordergrund stehe die deutsche Politik. „Wir setzen uns für eine Politik ein, deren Ziel es ist, Kriege schnellstmöglich zu beenden, für eine Politik, die Krieg nicht als Mittel derselben akzeptiert, sondern durch Verhandlungen und Abrüstung zu vermeiden sucht.“
Die „entschiedene Haltung gegen rechts – gegen nationalistische, militaristische, völkische, rassistische, sexistische, antisemitische oder rechtspopulistisch-islamophobe Politik“ vereine die Teilnehmer des gewerkschaftlichen Antikriegstags, heißt es im Konsens, der auch von der Bühne herab verkündet werden soll.
Rechtsextremisten will man nicht dabei haben. Was aber ist mit Demonstranten aus der verschwörungsideologischen Szene? Oder mit Gruppen, die das Existenzrecht Israels leugnen? Dass es „Probleme“ geben könnte, will Verdi-Geschäftsführerin Weber nicht ausschließen. „Aber das viel größere Problem wäre, den AfD-affinen Gruppierungen wie ,München steht auf’ den gewerkschaftlichen Antikriegstag zu überlassen.“
Woher diese Einschätzung der Verdi-Sprecherin kommt, wurde zuletzt am Mittwoch deutlich, als sich „München steht auf“ (MSA) schon mal warmlief auf dem Marienplatz – und es dem Redner nicht gefiel, dass über ihren Köpfen die Flaggen Israels und der Ukraine am Rathaus wehten, nicht aber die der Palästinenser und Russlands. Man werde „dem Reiter eine Heidenangst einjagen“, kündigte der MSA-Sprecher für den 1. September an. Und dann lobte er Donald Trump. Der vertrete „das Prinzip der Verfassung, so wie wir es auch versuchen hier durchzusetzen“.