München:Andere Richtung

München: Standpunkt: Die Nord-Grünen wollen mehr Verkehr auf der Schiene.

Standpunkt: Die Nord-Grünen wollen mehr Verkehr auf der Schiene.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Grünen-Ortsverbände beschäftigen sich in drei Workshops mit dem Verkehrskonzept für den Nordteil der Stadt. Scharf kritisiert wird die Bevorzugung eines flüssigeren Individualverkehrs

Von Thomas Kronewiter

Was dem S-Bahn-Fahrer seine Stammstrecke, ist dem Dachauer wie dem Milbertshofener der Ausbau des Bahn-Nordrings. Und wer täglich mit dem Auto zu einem der Großbetriebe im Münchner Norden unterwegs ist, wartet zunehmend ungeduldiger auf die zusätzliche Anbindung der Autobahnumgehung A 99 an die nördlichen Stadtquartiere. Welche Priorität man den diversen im Gespräch befindlichen Verkehrsinfrastrukturprojekten in München beimisst, hängt sehr stark von der eigenen Interessenlage ab. Die Grünen im Münchner Norden haben sich jetzt in drei Workshops mit dem von der Stadtplanung vorgelegten Verkehrskonzept für den Nordteil der Stadt befasst. Eine Überraschung ist ihre Einschätzung nicht: "Stückwerk", finden die Ortsverbände Nord und Maxvorstadt/Schwabing/Alte Heide/Freimann unisono - die Hauptkritik gilt dabei der Bevorzugung eines flüssigeren Individualverkehrs. "Es wird nach wie vor viel zu viel Gewicht auf den Autoverkehr gelegt", findet Christian Hierneis, Sprecher des Ortsverbands Schwabing.

Geht es nach den Grünen, muss die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und des Fahrradverkehrs viel stärker betont werden. Zentraler Punkt bei Investitionen in den ÖPNV: eine Aktivierung des bisher auf Güterzüge beschränkten Bahn-Nordrings zu Gunsten der S- und der Regionalbahn, inklusive möglichst vieler Umsteigebeziehungen zwischen Stadt und Umland. Sogenannte Regio-Trams schlagen die Grünen-Politiker von Dachau über Karlsfeld bis zum BMW-Forschungszentrum, und dann weiter als Tramlinie 24 bis zu den Fröttmaninger Parkhäusern vor. Eine zusätzliche Tram schätzen die Grünen aussichtsreicher ein als die von vielen geforderte U-Bahn-Spange U 26 zwischen den Linien 2 und 6. Sie könne mehr Haltestellen bedienen, punktuell kreuzungsfrei geführt werden, dazu kostengünstiger und damit zügiger realisiert werden. Auch die Tram 23, derzeit nur zwischen Münchner Freiheit und Frankfurter Ring unterwegs, will man bis Fröttmaning verlängern.

Weitere Regio-Trams werden gefordert von Dachau via Oberschleißheim zum derzeit neu entstehenden Trainingsgelände des FC Bayern am Stadtrand und bis zur Münchner Freiheit sowie vom S-Bahnhof Lohhof bis zur Münchner Freiheit. Darüber hinaus schweben den Workshop-Teilnehmern "mutige Lösungen" vor - also etwa Seilbahnen im Stadtgebiet oder Straßenbahnen, die auch Güter befördern.

Beim Radverkehr lässt sich die Forderungsliste mit einem einzigen Begriff zusammenfassen: Ausbau. Im einzelnen bedeutet das neue Fahrrad-Schnellwege, die Beseitigung von Barrieren, fahrradfreundliche Knotenpunkte, verbesserte Beschilderung, ausreichende Geh- und Radwegbreiten, mehr Fahrradstraßen. "Es darf nicht mehr sein, dass Bebauung und Straßen zuerst geplant werden und hinterher geschaut wird, wo noch Platz für Fahrradverkehr ist und ob noch Platz für eine ÖPNV-Haltestelle übrig ist", erklärt Nicole Riemer, Sprecherin des Ortsverbands Nord. Planerisch damit einher geht die Idee einer "Stadt der kurzen Wege", in der sich Arbeiten und Wohnen mischen, in der Erdgeschosszonen als Gewerbestandorte akzeptiert sind und in der die Nahmobilität stärker gefördert wird. Ein Anliegen ist den Grünen ganz konkret eine Überplanung des Euro-Industrieparks.

Bei der Verkehrslenkung sehen die Grünen-Politiker sowohl Handlungsbedarf im Münchner Norden, etwa im Hinblick auf ein neues Logistikzentrum wie bei der innerstädtischen Güterverkehrslenkung. Während man weitere Parkhäuser in der Innenstadt strikt ablehnt, will man Verleihsysteme fördern - nicht nur bei Fahrrädern, sondern auch bei Systemen für den Lastentransport, letzteres durchaus auf der Basis von Lastenfahrrädern.

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