Streit um „alternatives Gartenkonzept“:Kompost-Krieg im Kleingarten

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In der Kleingartenanlage an der Thalkirchner Straße gibt es Streit. (Foto: Catherina Hess)

Eine Pächterin will ihre Parzelle besonders ökologisch betreiben – auf ihre ganz eigene Art, die nun sogar das Münchner Amtsgericht beschäftigt.

Von Andreas Salch

„Münchens Kleingärten schaffen Freude und Freunde“ lautet eines der Mottos auf der Homepage des Münchner Kleingartenverbandes, der rund 11 000 Mitglieder betreut. Mit der Harmonie unter den Gartlern in einem der Vereine des Verbandes war es zuletzt aber nicht weit her. Im Kleingartenverein „Süd-West 25 Neuhofen-Tal e.V.“ in der Thalkirchner Straße hatte sich nämlich eine Psychotherapeutin dazu entschlossen, auf ihrer Parzelle ein nach ihren Worten „alternatives Gartenkonzept“ zu verwirklichen.

Dieses Konzept sieht vor, möglichst wenig Wasser zu verbrauchen und viel CO₂ durch die Erzeugung von Humus zu binden. Das ambitionierte Vorhaben führte allerdings zu allerlei Diskussionen und Dissonanzen unter den Kleingärtnern. Diese gipfelten darin, dass der Kleingartenverband als Dachorganisation die Psychotherapeutin in einem Zivilverfahren vor dem Amtsgericht München auf Räumung und Herausgabe ihrer 280 Quadratmeter großen Parzelle verklagte.

Konkret warf der Verband mit seinem ersten Vorsitzenden, dem Münchner Stadtrat Alexander Reissl (CSU), der Pächterin vor, erhebliche Mengen organisches Material zur Kompostierung auf ihre Parzelle zu bringen, das dort einfach nicht hingehöre. So etwa Laub von einer Straßenkehrmaschine. Aber auch Ananasstrünke, Muschelschalen oder Schalen von Kaffeebohnen.

Nach Auffassung der beklagten Psychotherapeutin seien diese Stoffe wichtig für die Düngung ihrer Hügelbeete. Nach Überzeugung des Kleingartenverbandes ist das Konzept jedoch nicht „ökologisch verträglich“, wie dessen Anwalt Leonhard Predasch anmerkte. „Mehrere Versuche“ der Beklagten und ihrem Lebensgefährten nahezulegen, „dass diese Art der Gartenbewirtschaftung nicht legitim“ sei, hätten nicht gefruchtet.

Die Mengen an Kompost, die die 35-Jährige auf ihrer Parzelle verarbeite und ausgebracht habe, hätten nichts mehr „mit kleingärtnerischer Nutzung zu tun“, so Reissl. Durch den über Jahre hinweg eingearbeiteten Kompost sei das Niveau der Parzelle inzwischen etwa 15 Zentimeter höher als die sie umgebenden Wege.

Aber es waren nicht nur prinzipielle Dinge, die den Kleingartenverband an dem „alternativen Gartenkonzept“ störten, sondern auch der Geruch des Komposts auf der Parzelle. Angesichts der großen Mengen sei die „Geruchsbelastung erheblich“, sagte der Anwalt des Verbandes. Ob es deshalb Beschwerden gebe, erkundigte sich die Vorsitzende Richterin. „Massiv“, erwiderte die erste Kassiererin des Verbandes. Denn die Psychotherapeutin setze auch „Kohljauche“ für die Düngung ihrer Beete an. Dies sei nichts für einen Kleingarten, sondern eher für die Agrarwirtschaft. Dass es Beschwerden wegen der Gerüche auf ihrer Parzelle gebe, räumte die Psychotherapeutin ein, verwies jedoch darauf, dass der Kompost von ihr mit Rücksicht auf die jeweilige Jahreszeit ausgebracht worden sei und andere Gartler ja auch organisches Material von außerhalb auf ihren Parzellen verarbeiteten, etwa Pferdemist.

Die Fronten in dem Streit waren verhärtet. Die Richterin und selbst der Anwalt der Psychotherapeutin, Alexander von Kotzebue, redeten mit Engelszungen auf die 35-Jährige ein und rieten ihr, das Gartenkonzept umzustellen. Nach einer Verhandlungspause stellte der Anwalt des Kleingartenverbandes sogar in Aussicht, den Pachtvertrag doch fortzusetzen, sollte die Beklagte keinen „externen organischen Abfall“ mehr auf ihre Parzelle bringen. Die Richterin machte der 35-Jährigen deutlich, dass sie im Falle einer Verurteilung ihren Kleingarten sofort räumen und zurückbauen müsse. Das Urteil wäre vorläufig vollstreckbar, „das heißt gleich“, sagte die Vorsitzende.

Angesichts dessen war die Psychotherapeutin bereit, einen Vergleich mit dem Kleingartenverband zu schließen. Darin verpflichtet sie sich unter anderem, nur noch organisches Material zu kompostieren, was auf ihrer Parzelle anfällt und keines mehr von außerhalb zu verwenden. Ihr „alternatives Gartenkonzept“ wird sie indes begraben.

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