Amtsgericht München:Späte Bescherung nach der U-Haft

Amtsgericht München: Mehrere Corona-Betrüger sitzen derzeit in Untersuchungshaft.

Mehrere Corona-Betrüger sitzen derzeit in Untersuchungshaft.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)

Sechs Jahre nach einem versuchten Einbruch wird ein 26-Jähriger bei der Einreise nach Deutschland verhaftet. Dass er überhaupt vor Gericht kommt, ist einem aufmerksamen Ehepaar aus Pullach zu verdanken.

Von Susi Wimmer

Nach der Bescherung ist vor der Bescherung, und die kann auch zwischen den Jahren sein, zumindest für Sasa V.: Vor dem Fest war er wegen zweifachen versuchten Einbruchs verhaftet worden und musste Weihnachten hinter Gittern verbringen. Doch nach taschentuchreicher Verhandlung hob das Amtsgericht jetzt den Haftbefehl gegen den 26-Jährigen auf, und er konnte sich in die Arme seiner zahlreichen Verwandtschaft werfen. "Verharmlosen wollen wir die Angelegenheit aber nicht", hob die Amtsrichterin am Ende noch den mahnenden Zeigefinger.

Dass der gebürtige Rumäne Sasa V. überhaupt vor Gericht landete - für zwei Taten, die sich vor gut sechs Jahren zugetragen hatten -, ist einem aufmerksamen Ehepaar aus Pullach zu verdanken. Es erhielt im Frühjahr 2016 merkwürdige Anrufe und hatte das Gefühl, da wolle sie jemand ausspionieren. Da die beiden tatsächlich eine Urlaubsreise planten, informierten sie die Polizei und brachten alle Wertgegenstände aus ihrem Haus in Sicherheit. Die Polizei installierte einen stummen Alarm. Und die Einbrecher, die einem serbischen Verbrecher-Ring angehörten und ohnehin schon überwacht wurden, tappten in die Falle.

Sasa V. saß damals draußen im Auto, das ihm seine Mutter geliehen hatte, und wunderte sich, dass die Männer nicht mehr aus dem Haus kamen. Für 100 oder 150 Euro, so erzählte sein Anwalt Klaus Walter, sei V. als Fahrer engagiert worden; für diesen Einbruch, und für einen im Dezember 2015 im hessischen Gelnhausen. Auch dort war der Coup misslungen, die Täter flüchteten ohne Beute. Sasa V. war in beiden Fällen noch herumgekurvt, auf der Suche nach den Komplizen, schließlich war er nach Offenbach zurückgefahren, wo er damals wohnte.

Als Jugendlicher konnte er in Deutschland nie wirklich Fuß fassen

Sasa V. kam mit 14 Jahren nach Deutschland und konnte nach den Worten seines Verteidigers nie wirklich Fuß fassen. In der Schule wurde er mangels Deutschkenntnissen zurückgestuft, schaffte gerade die Hauptschule und lebte dann "ziellos in den Tag hinein", so Klaus Walter. Die Eltern hatten sich getrennt, er pendelte zwischen ihren Wohnsitzen und hing immer öfter in einer Bar ab, in der unter anderem auch serbische Schwerkriminelle verkehrten. Um deren Anerkennung zu erlangen, habe er sich als Fahrer rekrutieren lassen, meinte der Anwalt.

Aufgrund der Telefonüberwachung konnte die Polizei Sasa V. als Komplizen ausmachen, allerdings zog der Vater des damals 19-Jährigen die Reißleine: Er ging Ende 2016 mit seinem Sohn zurück nach Rumänien. Im Restaurant des Vaters machte er eine Lehre, später eröffnete Sasa V. eine eigene Bar. Mittlerweile hat er zwei Töchter, eine eigene Familie, "die Lebensphase der Orientierungslosigkeit ist abgeschlossen", formulierte es der Verteidiger.

Sasa V. war in der Zwischenzeit des Öfteren wieder nach Deutschland eingereist. Dass ein Haftbefehl gegen ihn vorlag, war nie aufgefallen. Erst als er in Malmö einen Freund besuchte und auf dem Rückweg in Lübeck von der Fähre ging, wurde sein Ausweis kontrolliert.

"Es tut mir leid, es wird nie wieder passieren. Ich will nur heim", sagte Sasa V. in seinem Schlusswort. Da die Taten lange zurückliegen, V. sich geständig und reuig zeigte, plädierte Staatsanwältin Kristina Motzet auf einen vierwöchigen Dauerarrest nach Jugendstrafrecht, der durch die Untersuchungshaft ohnehin bereits abgegolten war. Dem folgte die Richterin: "Sie hatten Glück, dass ihre Eltern die Gefahr erkannt haben - und Sie jetzt ein rechtschaffener Bürger geworden sind", meinte sie - und übergab ihm die Entlassungsanordnung für das Gefängnis in Stadelheim.

Zur SZ-Startseite
Koks Teaserbild

SZ PlusMünchens Polizei und das Koks
:Auf der dunklen Seite der Nacht

Polizisten, die Kokain kaufen und aufs Oktoberfest schmuggeln, den Hitlergruß zeigen und sich auf die Jagd nach Opfern machen. Einblicke in die Abgründe des größten Polizeiskandals in München - ausgezeichnet als Top-10-Stück beim Deutschen Lokaljournalistenpreis.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: