Zentrumsplanung:Eine Altstadt für alle – was aus der Münchner City werden soll

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So könnte die Innenstadt - am Beispiel des Kosttors - in Zukunft aussehen. (Foto: Visualisierung: Gehl Architects)

Mehr Grün, weniger Autos: Bei der abschließenden Vorstellung zum Zukunftsprojekt Innenstadt zeigen sich die Beteiligten weitgehend zufrieden. Sorgen bereitet jedoch weiterhin die Parkplatzsituation.

Von Andreas Schubert

Mehr Platz für Fußgänger und Radler, weniger Platz für Autos: Die Münchner Altstadt soll umgestaltet werden. Am Montag haben das Mobilitätsreferat, das Planungsbüro USP Projekte und das Kopenhagener Büro Gehl Architects den Abschlussbericht des Projekts „Altstadt für alle“ vorgestellt. Das Konzept hatte die Stadt bereits im Juli präsentiert, nun ging es noch um Details, etwa darum, wo genau welche Verkehrsarten künftig im Zentrum zugelassen sein sollen.

Dass das nicht geht, ohne den Autoverkehr einzuschränken, war von Anfang an zu erwarten. Seit Jahren schon wird um den Platz in der Stadt gerungen. Bisher standen sich die Lager Autofahrer und Fußgänger respektive Radler relativ unversöhnlich gegenüber. Anwohner und Geschäftsleute kämpften um jeden Parkplatz, die Gegenseite wünscht sich dagegen seit Langem endlich eine bessere Aufenthaltsqualität mit mehr Grün und einem besseren Stadtklima.

Jetzt haben die Planer nach mehreren Beteiligungsrunden mit Bürgern und Gewerbetreibenden einen Kompromiss erarbeitet, der allen gerecht werden soll, sprich: Auch der Autoverkehr soll weiterhin dort zugelassen sein, wo er nach Ansicht des Mobilitätsreferats und der Verkehrsplaner gebraucht wird. Ansonsten wird das Zentrum weitgehend verkehrsberuhigt. Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Die Zufahrt zur Altstadt mit dem Auto wird unattraktiver. Das Zentrum soll unterteilt werden in Stadtstraßen, Altstadtzone und Fußgängerzone. Die Stadtstraßen, in denen Tempo 30 gelten soll, sind offen für alle Verkehrsteilnehmer. Über sie sind alle Parkhäusern erreichbar. Die Durchfahrt durchs Zentrum von Ost nach West über Hacken- und Josephspitalstraße zur Sonnenstraße oder umgekehrt über Herzogspitalstraße und Färbergraben soll für den motorisierten Individualverkehr nur noch mit Ausnahmegenehmigung möglich sein.

Auch die Kreuz- und Herzog-Wilhelm-Straße sollen zur sogenannten Altstadtzone werden, in der Tempo 20 gilt und die nur noch mit Genehmigung befahren werden darf. Dasselbe soll praktisch für das gesamte Gaggenauviertel zwischen Isartor und Maximilianstraße gelten, inklusive Tal.

Der aktuelle Plan sieht nahe dem Sendlinger Tor auch eine Umwidmung der Straße An der Hauptfeuerwache zur Altstadtzone vor. Dies hätte aber die Folge, dass der vom Oberanger kommende private Autoverkehr überhaupt nicht mehr Richtung Blumenstraße fahren dürfte, sondern nur noch geradeaus in die Lindwurm- oder rechts in die Sonnenstraße. Diese Regelung soll noch einmal überarbeitet werden. Auch die Durchfahrt von der Blumenstraße über die Prälat-Zistl-Straße Richtung Rindermarkt am Viktualienmarkt vorbei, soll nach den Vorstellungen der Planer nur noch für den Linien- und Taxiverkehr offen bleiben. Zwischen Schrannenhalle und Rindermarkt entstünde eine neue Fußgängerzone.

Etwa 600 Parkplätze an der Oberfläche sollen verschwinden, das entspricht nach Angaben von Gehl Architects etwa vier Prozent aller Parkplätze im Zentrum. Für Anwohner sollen 1100 Stellplätze im Straßenraum übrig bleiben. Für Besucher bleiben noch 4860 Parkplätze in kommerziellen Parkgaragen übrig, die Parkhäuser sind den Planern zufolge nur zu 51 Prozent im Durchschnitt ausgelastet. Privatstellplätze soll es aktuell knapp 7000 geben, davon würden 80 Prozent von Firmen für ihre Mitarbeiter genutzt. Sie könnten theoretisch also auch abends für andere Autofahrer zur Verfügung stehen.

Der Ist-Zustand des Kosttors zeigt: Mehr Verkehr, weniger Grün. Die Zukunft soll weniger Verkehr und mehr Miteinander auf den Straßen bringen. (Foto: Gehl Architects)

Für eine bessere Auslastung der bestehenden Parkkapazitäten bräuchte es aus Sicht der Stadtplaner aber ein modernes Parkleitsystem, eine einheitliche Preisgestaltung für Anwohner und Besucher in den Parkgaragen sowie ein betriebliches Mobilitätsmanagement für die Privatstellplätze. Wo an den Straßenrändern Flächen frei werden, sollen unter anderem neue Lieferzonen und Behindertenparkplätze entstehen. In der Altstadtzone soll weitestgehend ein eingeschränktes Halteverbot gelten, das das Be- und Entladen weiterhin ermöglicht.

Ansonsten soll es, wo es geht, mehr Bäume für ein besseres Stadtklima geben. Für Fußgänger sollen die Übergänge an Kreuzungen barrierefrei werden, für Radfahrer soll es neue Einbahnstraßen in Gegenrichtung und mehr Abstellmöglichkeiten geben. Den öffentlichen Nahverkehr könnten dauerhaft ein City-Bus und Rikschas ergänzen, wie sie die Stadt diesen Sommer getestet hat, eine Auswertung des Projekts steht noch aus.

Bei der Präsentation im alten Gasteig zeigten sich Vertreter verschiedener Interessengruppen mit dem Konzept zufrieden. Christian Schottenhamel, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga München, sagte, er sehe viele sinnvolle Ansätze. Ihm sei es wichtig, dass der Parksuchverkehr aus dem Zentrum reduziert werde und der Lieferverkehr fließen könne.

Rainer Männicke von der Münchner Taxigenossenschaft sieht die Interessen seiner Branche gewahrt, weil es weiterhin ausreichend Taxistellplätze gebe. Joseph Seybold von der Industrie- und Handelskammer erklärte ebenfalls, der Wirtschaftsverkehr müsse funktionieren. Er lobte an dem Konzept, dass die einzelnen Verkehrsarten nicht gegeneinander ausgespielt würden.

Monika Burger vom Münchner Behindertenbeirat mahnte eine bessere Barrierefreiheit in den Parkhäusern an, wenn diese vermehrt genutzt werden sollten. Welche Vorschläge zeitnah umsetzbar sind, ist noch offen. Einen konkreten Zeitplan zur Umgestaltung der City gibt es bisher nicht. Spätestens im Januar 2025 aber möchte Mobilitätsreferent Georg Dunkel dem Stadtrat den Entwurf für einen Grundsatzbeschluss vorlegen.

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