Süddeutsche Zeitung

Verkehrspolitik:In Münchens Altstadt werden weniger Autos fahren

  • Im Münchner Zentrum sollen in Zukunft weniger Autos fahren, das hat der Stadtrat am Mittwoch beschlossen.
  • Die Dienerstraße könnte noch in diesem Jahr für den privaten Autoverkehr geschlossen werden, Parkplätze am Rindermarkt sollen entfallen.
  • Weitere Maßnahmen sollen erst einmal untersucht werden.

Von Andreas Schubert

Autofrei, autoarm, verkehrsberuhigt: Wie auch immer man die Verkehrssituation in der Altstadt künftig nennen will - am Mittwoch hat der Stadtrat mit einem Grundsatzbeschluss die Weichen gestellt, den Autoverkehr im Zentrum zu reduzieren. Gleichzeitig wird die Stadtverwaltung ein Konzept für einen Altstadt-Radlring erarbeiten, der ein zügiges und sicheres Umrunden der Innenstadt auf dem Fahrrad ermöglichen soll.

Zu den Änderungen, die wohl noch dieses Jahr kommen, gehören die Sperrung der Dienerstraße für den privaten Autoverkehr, wobei Taxis weiter zugelassen sein sollen, sowie die Erhöhung der Parkgebühren auf 2,50 Euro die Stunde an Werktagen. Die Parkplätze in der Dienerstraße entfallen logischerweise - ebenso wie am Rindermarkt nördlich und östlich des Brunnens. Für den gewerblichen Verkehr und für Menschen mit eingeschränkter Mobilität soll es hier aber weiterhin die Möglichkeit geben zu parken.

Weitere Maßnahmen sollen erst einmal untersucht werden. Zum Beispiel, an welchen Stellen weitere verkehrsberuhigte Bereiche eingeführt werden sollen, wo oberirdische Parkplätze gestrichen werden können und wo die Stadt gegebenenfalls neue Fußgängerzonen ausweisen kann. Hier kämen etwa die Herzog-Wilhelm-Straße und die Kreuzstraße infrage, ebenso die Fürstenfelder Straße, die Hermann-Sack-Straße, das Rosental, die Prälat-Zistl- und die Westenriederstraße.

Mit der Prüfung des Boulevard Sonnenstraße, für den zwischen Stachus und Sendlinger-Tor-Platz Autospuren zugunsten von deutlich mehr Platz für Radler und Fußgänger entfallen sollen, geht ein lange gehegter Wunsch der Grünen zumindest schon mal ein bisschen in Erfüllung. Fraktionschef Florian Roth sagte, er hoffe auf einen Grundsatzbeschluss zum Thema im nächsten Jahr.

Gescheitert sind die Grünen mit dem Anliegen, das Tal von privaten Autos zu befreien und dort sowie in der Maximilanstraße die Parkplätze zu streichen. Mit einer Fußgängerzone im Tal wird es wohl so lange nichts werden, bis die Bauarbeiten zum S-Bahn-Halt am Marienhof abgeschlossen sind - denn die für die Baustellen-Lkw festgelegte Strecke führt just durch das Tal.

Die Debatte am Mittwoch zeigte einmal mehr, dass eine Mehrheit im Stadtrat zwar dasselbe Ziel hat - den Verkehr im Zentrum in den Griff zu bekommen. Doch über die Art und Weise, wie dies geschehen soll, gibt es unterschiedliche Ansichten.

So fand der Antrag der CSU, erst Parkplätze an der Oberfläche zu reduzieren, wenn stattdessen Anwohnern eine Tiefgarage an der Herzog-Wilhelm-Straße gebaut wird, keine Mehrheit. Dabei hatte CSU-Fraktionschef und Zweiter Bürgermeister Manuel Pretzl noch eindringlich dafür geworben, nichts "holterdipolter" zu beschließen.

Er hielt ein Plädoyer für die vielen kleinen Gewerbebetriebe im Hackenviertel, die sich voraussichtlich die Miete nicht mehr leisten könnten, wenn vor ihrer Haustier eine Fußgängerzone eingerichtet werde. Die Neuhauser Straße könnten sich nur noch große Ketten leisten.

Ebenso nannte er ein Beispiel aus der Tegernseer Landstraße, wo nach dem Streichen von Parkplätzen ein Schuhgeschäft und eine Bäckerei zehn Prozent Umsatzeinbußen hinnehmen und in Folge schließen mussten. Stattdessen seien dort nun zwei Handyläden, so Pretzl. So ein München wolle er nicht, betonte er. Man müsse die gewachsene Struktur schützen.

Die Umsetzung möchte die Stadtverwaltung in Ruhe planen

Die CSU hatte noch mit einem Dringlichkeitsantrag gefordert, umfassende Untersuchungen vornehmen zu lassen, wie sich einzelne Maßnahmen unter anderem auf den Verkehr, den Tourismus, das Geschäftsleben und weitere Aspekte auswirken. Das Planungsreferat hatte darauf geantwortet, dass nun zunächst ein Grundsatzbeschluss gefasst werde, der eine Zielvorstellung festlegt. Untersuchungen seien dann wiederum Sache von späteren Beschlüssen.

Zudem wies Stadtbaurätin Elisabeth Merk in der Sitzung darauf hin, dass man sehr wohl mit den Verbänden - etwa mit City Partner, der Industrie- und Handelskammer und dem Handelsverband Bayern - in den Dialog trete, um Logistikkonzepte für die City zu erarbeiten, mit dem Ziel, den Lieferverkehr in der Altstadt autoarm respektive emissionsfrei zu gestalten. Das reichte der CSU-Fraktion nicht. Sie stimmte nur vier von 14 Maßnahmen zu, den Rest des Grundsatzbeschlusses lehnte sie ab.

Die Umsetzung möchte die Stadtverwaltung in Ruhe planen. Bei einem Stadtratshearing sollen noch dieses Jahr andere Kommunen von ihren Erfahrungen mit der autofreien Innenstadt berichten. Was den Radlring angeht, so könnte es in drei Monaten zu einem Bürgerentscheid kommen.

Sonja Haider (ÖDP) und Brigitte Wolf (Linke), deren Parteien zu den Initiatoren des Bürgerbegehrens gehören, kündigten am Mittwoch bereits an, es darauf ankommen zu lassen, wenn die Mehrheit im Stadtrat sich nicht für den Radlring entscheidet. Bis zum 18. Juli will das Planungsreferat die Vorschläge der Initiatoren zum Radlring prüfen und für den Stadtrat eine Beschlussvorlage erarbeiten.

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SZ vom 27.06.2019/kaal
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