Ob künftig "autofrei" oder "autoarm", bleibt die Altstadt auf jeden Fall an der Spitze eines stadtweiten Wandels, der vor 50 Jahren mit den ersten Fußgängerzonen begann und der heute einigen Alteingesessenem zu weit geht, vielen jedenfalls zumindest zu schnell: Als letzte der Hauptachsen zum Marienplatz wird das Tal sicher nicht mehr in diesem Jahrzehnt zur Fußgängerzone, die umstrittenen Sofortmaßnahmen könnten aber schon von September an umgesetzt werden. Für den Fall, dass es bei den geplanten Parkplatz-Streichungen bleibt, hat die seit gut einem Jahr aktive Bürgerinitiative (BI) Protestaktionen angekündigt.
Auf Betreiben der BI haben sich kürzlich Verbände, Händler, Gewerbetreibende, Verwaltungsleute, Politiker und Anwohner zum dritten und wahrscheinlich letzten Mal am runden Tisch getroffen. Nachdem die Vorrunden die Fronten eher verhärtet hatten, ziehen nun sowohl die Bezirksausschuss-Vorsitzende Andrea Stadler-Bachmaier (Grüne) als auch Bürgersprecherin Margarete Stadlbauer ein positives Fazit - zumindest in Stilfragen. Man sei entspannter und sachlicher miteinander umgegangen als zuletzt.
Die Tal-Anwohner waren unter den 60 Teilnehmern als eine von vielen Interessengruppen eingebunden. Zusätzlich zu den zwei von vornherein eingeladenen BI-Vertretern nahmen sechs Nachbarn teil. Tatsächlich betreffe die drohende Streichung aller öffentlichen Parkplätze dort aber das gesamte Viertel. Allein in den vergangenen anderthalb Jahren sind, wie die Bürgerinitiative vorrechnet, in den nördlichen Nebenstraßen bis zum Platzl 70 Stellplätze weggefallen.
Nach den Plänen entfielen gegenüber heute 28 Parkplätze
Unter anderem wurden sie in Abstellflächen für Fahrräder und E-Scooter umgewandelt, an der Hochbrückenstraße auch für Polizeifahrzeuge reserviert. Auch nach der jüngsten Bürgerrunde halten Bezirksausschuss und Mobilitätsreferat an einer Planvariante fest, in der sämtliche Stellflächen zwischen dem Alten Rathaus und dem Isartor in Lieferzonen, Radlparkplätze, Taxistände, Behindertenparkplätze, Frei- und Schankflächen umgewandelt werden. Gegenüber heute entfielen so 28 Parkplätze, vier weitere sind gerade mit Schanigärten belegt.
Bis 2025 will die grün-rote Stadtratsmehrheit alle 2200 öffentlichen oberirdischen Stellplätze aus der Altstadt verbannen. Rund um den Hauptbahnhof entfallen weitere 1300 Plätze. Anwohner sollen ihre Fahrzeuge dann in Parkhäusern und Tiefgaragen unterbringen. Entsprechende Sonderkonditionen sind mit deren privaten Betreibern aber noch längst nicht ausgehandelt.
Für die neue Tiefgarage am Thomas-Wimmer-Ring könnte die Stadt zum Beispiel auf einen vergünstigten Nachttarif zwischen 20 und 9 Uhr dringen, als Angebot an Auto-Auspendler. Viele von diesen würden, wie sie auf einem BI-Treffen vor dem jüngsten Workshop berichteten, irgendwie versuchen, ihre Autos weiter draußen in U-Bahn-Nähe über Nacht abzustellen. Das Problem werde also in andere Viertel verlagert. Alternativ zur Garagen-Lösung bringt die Initiative eine streng überwachte Anwohnerzone nach italienischem Vorbild ins Spiel, mit Ausnahmen höchstens für Arztbesuche.
Gerade durchs Tal irren, wie sich täglich beobachten lässt, immer noch zu viele motorisierte Stadtbesucher. Aktuell zahlen Altstadt-Bewohner für ihren Parkausweis mit 102 Euro pro Jahr dabei mehr als dreimal so viel wie andere Münchner, und das bei immer weiter gestutztem Platzangebot. Man fühle sich "wie bei einem überbuchten Flug, wo man ein Ticket hat, aber nicht reinkommt", fasste ein Anwohner zusammen.
Anregungen aus dem Workshop sollen nun in eine Stadtratsvorlage eingearbeitet werden, die noch im Juni beraten werden könnte.