Altstadt-Radlring:CSU sieht wegen grünen Radwegen rot

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Der Altstadt-Radlring ist großteils grün markiert - sehr zum Unmut der CSU. (Foto: Robert Haas)

Der erste Abschnitt des Altstadt-Radlrings ist in den Farben der zwei regierenden Parteien markiert. Für den politischen Gegner ist das ein Zeichen von "Pharaonenwahn" und "Verewigungswahn".

Glosse von Andreas Schubert

Die Farbe Grün gilt gemeinhin als beliebt. Schließlich fährt doch jeder gern mal ins Grüne raus, und das geht natürlich nur, wenn die Ampeln an der Ausfallstraße Grün zeigen. Schon Johann Wolfgang von Goethe schätzte das für ihn so angenehm neutrale Grün, das Auge finde darin etwas real Befriedigendes. In seiner Farbenlehre schließlich betätigte sich der Dichterfürst als Interior Stylist der ersten Stunde: "Deswegen für Zimmer, in denen man sich immer befindet, die grüne Farbe zur Tapete meist gewählt wird."

Nun mag der olle Goethe ja ein kluger Mann gewesen sein. Doch konnte er natürlich nicht ahnen, dass irgendwann das Fahrrad und Fahrradwege erfunden, sein Lieblingstapetenanstrich 200 Jahre später seine Neutralität einbüßen und in München zur Symbolfarbe politischer Wadlbeißerei werden würde. Gerade hat das Baureferat den ersten Abschnitt des Altstadt-Radlrings in grüner Farbe markiert, zum allergrößten Verdruss der CSU. Denn die wittert parteipolitische Gründe dahinter, schließlich hat im Stadtrat eine grün-rote Mehrheit das Sagen. Da passt es auch ganz gut, dass einige Abschnitte, an denen es potenziell brenzlig für Radler werden könnte, rot markiert sind.

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Ein grün-roter Radweg: Das ist für die Christsozialen ein, naja, rotes Tuch. Wutschnaubend wie ein andalusisches Kampfrind wettern sie gegen den "Pharaonenwahn" und "Verewigungswahn" der Grünen. Die Stadtregierung sei selbstverliebt und rücksichtslos. Zudem äußert die Fraktion Bedenken, dass Menschen mit einer Grün-Rot-Sehschwäche mit dem Radlweg Probleme bekommen könnten.

Ob das der CSU neue Wählerstimmen bringt - immerhin hat jeder zwölfte Mann und jede 200. Frau so eine Sehschwäche -, wird sich zeigen. Den Radlweg mit der eigenen politischen Farbe zu markieren, brachte die CSU übrigens gar nicht erst ins Gespräch, auch ihr dürfte klar sein, dass schwarzer Asphalt auf schwarzem Asphalt nicht gerade die allerblendendste Signalwirkung hat. Aber vielleicht schlägt sie ja noch ein weiß-blaues Rautenmuster für den Altstadtring vor. Als Munich Beer Garden Route ließe sich das Ganze bestimmt nicht schlecht vermarkten.

Aber nun sehen die Münchner erst einmal Grün. Goethe, der 1786 in München war, die Stadt nicht leiden konnte, nach einem Tag das Weite suchte und nie wieder vorbeischaute, würde sich vielleicht ein bisschen mit ihr versöhnen. Begeistert beschrieb er einst die Wirkung des Grünen auf das Auge mit dem Ergebnis: "Man will nicht weiter und man kann nicht weiter." Das könnte ihm allerdings im modernen München schlecht bekommen, wenn er nicht aufpasst. Bei Fußgängern, die auf Radwegen stehen bleiben, verstehen die Münchner Radler wirklich überhaupt keinen Spaß. "F... you, Goethe" dürfte noch das Harmloseste sein, das er zu hören bekäme.

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