Süddeutsche Zeitung

Jubiläum im Jahr 2024:Party für das Lehel

Zum 300. Jahrestag der Zugehörigkeit des St.-Anna-Viertels zu München wollen die Stadtteilpolitiker ein großes Fest feiern - idealerweise inklusive einer Teilsperrung des Altstadtrings.

Von Julian Raff

Als die zur Isar hin gelegenen Gebiete östlich der Stadtmauer im Jahr 1724 unter die Gerichtsbarkeit der Stadt München fielen, war dies - streng genommen - keine Eingemeindung, da das heutige Lehel bereits seit dem 15. Jahrhundert zum Münchner Burgfrieden gehörte. Dennoch beginnt mit der Abtretung der unmittelbaren Herrschaftsrechte durch Kurfürst Max Emanuel sowohl die Verschmelzung Münchens mit dem Umland, als auch die Geschichte des Lehels als erster Vorstadt. Das bebaute Stadtgebiet verdoppelte sich auf einen Schlag. Ein guter Grund zum Feiern, selbst für Wachstums-Skeptiker.

Der Bezirksausschuss Altstadt-Lehel setzt sich daher dafür ein, den 300. Jahrestag mit einem Stadtviertelfest im Sommer 2024 zu feiern. Den gastronomischen Teil sollen dabei die örtlichen Gastwirte bestreiten, das Kunst- und Kulturprogramm soll Platz auf einer zentralen Bühne finden. Ideen fürs Programm will das Gremium in nächster Zeit mitentwickeln und zusammentragen, falls die Stadtverwaltung grünes Licht gibt.

Der Antragstext schlägt einen Platz zwischen der Altstadt und dem Lehel als "Drehkreuz" für das Fest vor, was die Lokalpolitiker bereits konkretisiert haben: Ein ideales Festgelände gäbe demnach der Isartorplatz ab, wenn sich Stadtrat und Verwaltung bereit erklären würden, den Altstadtring für die Dauer des Festes zu sperren, am besten vom Isartor bis zur Einfahrt der neuen Tiefgarage am Thomas-Wimmer-Ring. Da der Vorschlag nicht nur begeisterte Befürworter finden dürfte, weisen BA-Mitglieder vorsorglich darauf hin, dass die Steinsdorfstraße am Isarufer für das jährliche Isarinselfest im September ebenfalls gesperrt wird.

Das Fest soll im Kulturprogramm und mit begleitenden Ausstellungen auch Einblicke in die lokale Geschichte bieten. Überraschen dürfte dabei den einen oder anderen Besucher die Erkenntnis, dass das Viertel bei weitem nicht immer zu den Münchner Hochglanzadressen zählte.

Ein Netz an Stadtbächen versorgte die Kleinbetriebe

Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein diente es als Stadthafen für die Isarflöße, und als Umschlagplatz für Holz, Waren und Passagiere. Zugleich siedelten dort, im ungeschützten Überschwemmungsgebiet der Isar, kleine Handwerker, als billige Konkurrenz lange verachtet von den etablierten innerstädtischen Kollegen. Ein Netz heute trocken gelegter oder unterirdisch verrohrter Stadtbäche versorgte die Kleinbetriebe über Wasserräder mit Energie und diente zugleich der Entsorgung.

Makaber vielsagende Ortsbezeichnungen wie das "Seuchenbachl" gerieten im Zuge des hygienischen Fortschritts in Vergessenheit. Partout nicht lassen wollten die Bewohner dagegen von ihrer Selbstverortung. Vom "Lehel", dessen einzig korrekte Aussprache als "Lechel" wohl auch auf dem Fest zu hören sein dürfte, sprachen sie so lange und hartnäckig, bis die Stadtverwaltung das eigentlich bevorzugte "St.-Anna-Viertel" 1954 endgültig aufgab.

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