Bar Milano-Torino:Dolce Vita unter den Steinbögen

Bar Milano-Torino: Im Freien kann man unter Steinbögen seinen Aperitiv genießen.

Im Freien kann man unter Steinbögen seinen Aperitiv genießen.

(Foto: Florian Peljak)

Das Milano-Torino in der Münchner Altstadt hebt sich durch Bescheidenheit ab. Neben italienischer Gastfreundlichkeit fällt die variantenreiche Aperitivo-Karte auf, auf der Wermut eine wichtige Rolle spielt.

Von Sarah Maderer

Größer, stylisher, fototauglicher müssen italienische Gastrobetriebe in München neuerdings sein. Oft stecken Ketten oder Franchise-Unternehmen dahinter, deren Konzepte mehr auf Massentauglichkeit als auf Authentizität fußen - Dolce Vita sells. Der kleine, familiengeführte Viertelitaliener wird dadurch zum Geheimtipp. Er lebt von Mundpropaganda statt von Influencer-PR, seine Speisekarte passt auf eine Schiefertafel, sein Einrichtungsstil folgt einer bewährten Formel: mehr Barhocker als Stühle, mehr Tresen als Tische, Wände voll Schwarz-Weiß-Fotografien, Flaschen voll Wachs, Regalreihen voll Campari.

So wie die Bar Milano-Torino. Angesichts ihrer prominenten Innenstadt-Lage mit Blick aufs Isartor kann sie zwar kaum als Geheimtipp gelten, trotzdem hebt sie sich durch Bescheidenheit von der sonst so kommerzgeprägten Gastronomie des Tals ab. Unter der Woche werden hier von 16 Uhr an, samstags schon ab der Mittagszeit Kaffee und Drinks serviert, drinnen wie draußen. Aktuelle Niedrigtemperaturen können nämlich dem Piazza-Flair der Terrasse, von Steinbögen geschützt und Strahlern beheizt, wenig anhaben.

Kaum mehr Tische als draußen finden sich im kleinen Innenraum vor einer gut sortierten Bar, die besonders durch ein breites Angebot an verschiedenen Wermut-Sorten besticht. Diesem Sortiment verdankt die Bar eine Hälfte ihres Namens, verrät Inhaber Michele Sciaraffia. Er habe sie einerseits nach der Wermut-Stadt Turin benannt, andererseits nach der Aperitivo-Metropole Mailand. Sciaraffia selbst stammt aus Süditalien, lebt seit 35 Jahren in Deutschland und arbeitete noch bis vor wenigen Jahren für einen Münchner Kaffeeröster. 2019 eröffnete er die Bar Milano-Torino und erlebt nun das erste volle Jahr Normalbetrieb nach Corona.

Mögen der Bar noch die Routine-Jahre fehlen, die Sciaraffias lassen familiäre Gastfreundlichkeit aufkommen, als wäre sie ein eingesessenes Traditionslokal. Herzlich, aufmerksam, doch angenehm unaufdringlich kümmert sich Sciaraffias Tochter um den Service, bringt Oliven und Knabbereien zum Aperitif, während der Chef persönlich in der zwei Quadratmeter großen Küche die Tagesgerichte zubereitet. Es sind wenige, darunter gemischte Antipasti (15,50 Euro), wechselnde Pastagerichte wie Paccheri mit Scampi (15,50 Euro) oder pikante Orecchiette Amatriciana (14 Euro) und verschieden belegte Toasts und Piadine (5,50 bis 8,50 Euro), außerdem selbstgemachte Kaffee-Begleiter wie Tiramisu, Cannoli und Code d'aragosta.

Bar Milano-Torino: Michele Sciaraffia arbeitete noch bis vor wenigen Jahren für einen Münchner Kaffeeröster. Die Bar eröffnete er 2019.

Michele Sciaraffia arbeitete noch bis vor wenigen Jahren für einen Münchner Kaffeeröster. Die Bar eröffnete er 2019.

(Foto: Florian Peljak)
Bar Milano-Torino: Zu den Getränken gibt es Oliven, Chips und andere Knabbereien.

Zu den Getränken gibt es Oliven, Chips und andere Knabbereien.

(Foto: Florian Peljak)
Bar Milano-Torino: Entspannte Stimmung im Inneren.

Entspannte Stimmung im Inneren.

(Foto: Florian Peljak)

Doch so authentisch fein Küche und Kaffee auch ausfallen, der gelernte Röster Sciaraffia hat seinen Schwerpunkt vom Heiß- aufs Kaltgetränk verlagert. Seine Aperitivo-Karte geht über die gängigen Campari-Aperol-Lillet-Klassiker hinaus, zum Beispiel durch fruchtige Abwandlungen mit Cranberry ("Campari Milano", 8,50 Euro) und frischer Grapefruit ("Campari Amalfi", 9,50 Euro), oder durch weniger gängige Spirituosen wie einem Bergamotte-Lavendel-Likör mit Prosecco und grünen Oliven ("Spritzicus", 9,50 Euro).

In zehn verschiedenen Negroni-Variationen (je 10,50 Euro) kommen Sciaraffias zahlreiche Wermut-Sorten zur Anwendung. Vom "Classic Negroni" über den leichteren "Negroni Sbagliato" mit Prosecco bis zu gehaltvollen Kreationen wie dem "Chocolate Negroni" mit Rum, Portwein und Chocolate Bitters oder dem "Mexican Negroni" mit Mezcal und Fleur de Sel. Allesamt so rund und gekonnt, wie man sie auf der Achse Mailand-Turin nicht besser finden könnte.

Bar Milano-Torino, Lueg ins Land 1, 80331 München, Telefon: 089/92653741, Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 16 bis 24 Uhr, Freitag 16 bis 1 Uhr, Samstag 12 bis 1 Uhr.

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