Altstadt:Der lange Weg zum autofreien Tal

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So sollte das Tal aussehen, wenn es nach den Grünen geht: Keine Autos kreuzen den Blick zum Alten Rathaus, allenfalls ein Lieferwagen oder Bus dürfte dort fahren oder parken. Visualisierung: Andreas Gregor/Grüne (Foto: N/A)

Der Stadtrat will den Innenstadtbereich für Fußgänger attraktiver gestalten. Die ersten Parkplätze sollen schon bald wegfallen - doch die weitere Planung ist schwierig.

Von Andreas Schubert

Es soll alles ganz schön werden. Fußgänger sollen im Tal gefahrlos über die Straße gehen können, am Straßenrand sitzen Menschen auf Bänken in der Sonne, statt jeder Menge Autos sieht man vor allem Passanten, Radler und gelegentlich einen Stadtbus. Und endlich ist der Bereich zwischen dem Isartor und dem Marienplatz einer, an dem man sich gerne aufhält.

So zumindest lautet die Vision des Stadtrats. Doch bis es so weit ist, wird es noch eine ganze Weile dauern. Am Mittwoch haben der Planungs- und der Mobilitätsausschuss beschlossen, dass das Tal in absehbarer Zeit attraktiver werden soll. Die Verwaltung wird nun untersuchen, wie sich das realisieren lässt. Fest steht, dass die 29 bestehenden oberirdischen Kurzzeitparkplätze voraussichtlich schon Anfang nächsten Jahres verschwinden werden, sobald die neue Tiefgarage am Thomas-Wimmer-Ring fertiggestellt ist.

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In dieser sind von den insgesamt 520 Parkplätzen nach Angaben der Stadt 33 für Anwohner und 15 für Menschen mit Behinderungen reserviert. Die Tiefgarage ersetzt das sogenannte Fina-Parkhaus, das einer Erweiterung des Hotels Mandarin Oriental und einem Wohn- und Geschäftshaus weichen wird. In der Garage dieses Neubaus sollen 67 Anwohnerparkplätze entstehen.

Den Bewohnern dieses Teils der Altstadt stünden damit weiterhin Parkplätze zur Verfügung. Jetzt wird es bei den weiteren Planungen darum gehen, welcher Verkehr weiterhin im Tal zugelassen bleiben soll. Einig ist sich der Stadtrat, dass der gewerbliche Verkehr weiterhin ins Tal hineinfahren darf, auch der öffentliche Nahverkehr zur Erschließung der Altstadt soll weiterhin möglich bleiben. Bisher fährt der Stadtbus 132 durch das Tal nahe an den Marienplatz heran. Zudem sollen auch Behindertenparkplätze erhalten bleiben.

Von einer klassischen Fußgängerzone wie etwa in der Kaufinger- und Neuhauser Straße kann im Tal also nicht die Rede sein. Die CSU wollte deshalb den Begriff Fußgängerzone aus der Beschlussvorlage durch "Begegnungszone oder einen stark verkehrsberuhigten Bereich" ersetzen lassen. Begegnungszonen aber, in denen motorisierter Verkehr zugelassen ist, Passanten aber Vorrang haben, sind in der deutschen Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen.

Die SPD wünscht sich kleine Elektrobusse

Paul Bickelbacher, Verkehrsexperte der Grünen, wies darauf hin, dass eine Fußgängerzone durchaus das passende Instrument sei, zu regeln, für wen eine Straße freigegeben wird. Die sogenannte Kustermannfahrbahn ist so ein Beispiel: Sie ist ein Fußgängerbereich, in dem Linienverkehr, Taxis und Radverkehr zugelassen sind. Das Planungsreferat hält es aber für problematisch, dieses Modell auf andere Straßen auszuweiten. Je mehr Verkehr zugelassen ist, desto weiter sinke die Aufenthaltsqualität für Fußgänger.

Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) etwa hält dort, wo Busse unterwegs sind, eine bauliche Trennung von Fußgängerbereich und Fahrbahn für nötig. Deshalb schlägt die Verwaltung vor, das Erschließungskonzept der Altstadt mit dem ÖPNV überprüfen zu lassen und grundsätzlich über die Verträglichkeit von Buslinienführung und Fußverkehr nachzudenken. Die SPD etwa würde gerne das Zentrum mit kleinen Elektrobussen erschließen, wie es bereits in anderen Städten funktioniert. CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl wiederum hält es für wichtig, dass auch größere Busse weiterhin nah an den Marienplatz heranfahren können.

Ob das Tal dann tatsächlich barrierefrei umgebaut werden kann, so wie zum Beispiel die Sendlinger Straße, ist deshalb noch eine Frage, die ausführlicher Prüfung bedarf. Auch steht einem baldigen Umbau der Lastwagenverkehr zur Baustelle am Marienhof im Weg. Dort entsteht ein Tiefbahnhof für die zweite S-Bahn-Stammstrecke, deren Fertigstellung sich bereits um zwei Jahre auf 2028 verschoben hat. Inzwischen ist sogar von einer weiteren Verzögerung um vier Jahre - also bis 2032 - die Rede. Die Bahn hat dies bisher nicht dementiert.

Für Nikolaus Gradl, den verkehrspolitischen Sprecher der SPD, wäre eine Verzögerung eine "Katastrophe". Er kritisierte, dass die Stadt von der Bahn über den Zeitplan der Fertigstellung nicht informiert werde. Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) sagte, es ärgere sie "maßlos", dass München als Kommune in dieser Angelegenheit so machtlos sei.

© SZ vom 12.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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